Der polnische Jazzgeiger Adam Baldych war schon frühh als "Wunderkind" bekannt und erlangte internationale Anerkennung durch seine außergewöhnliche Virtuosität und die Fähigkeit, traditionelle Geigenklänge mit modernen Jazzelementen zu verbinden. Nach dem Studium in Polen und den USA arbeitete er mit renommierten Musikern wie Leszek MozdzerIIro Rantala und Lars Danielsson zusammen und veröffentliche zahlreiche Alben, die von den Kritikern gelobt wurden.
Baldych ist bekannt für seine kreative Energie und sein Bestreben, die Grenzen des Jazz-Violinenspiels immer wieder neu zu definieren. Er zählt heute zu den herausragensten Jazzgeigern seiner Generation.
Adam Bałdych- PortraitsCD / digital
Adam Bałdych violin, renaissance violin
Sebastian Zawadzki piano, upright piano
Marek Konarski tenor saxophone
Andrzej Święs double bass
Dawid Fortuna drums
Eindringlichkeit ist eine Herausforderung. Denn was man an den Klassikern so liebt – das Pathos und den Nachdruck im Ausdruck –, wirkt schnell übertrieben in der eigenen Welt. Adam Bałdych lässt sich trotzdem nicht beirren. Schließlich ist Intensität nicht nur eine Frage der Musik, die man spielt, sondern auch der Emotion, die man lebt. „Als ich an den Stücken arbeitete, waren Berichte von Menschen, die den Zweiten Weltkrieg überlebt haben, Quelle meiner Inspiration,“ erzählt der polnischen Geiger und Komponist. „Das Thema fühlt sich für mich sehr wichtig an, im Angesicht der wachsenden Konflikte in Europa und in der Welt. Ich habe Zeitzeugenberichte von damals gelesen und ich wollte mich gegen das stellen, was Tausende heute wieder erleiden müssen. Ein Aufruf zum Frieden in der Welt. Es sind verschiedene, sehr emotionale Stücke entstanden, die versuchen, Menschen und Lebensbedingungen und die Zeit, in der wir leben, zu porträtieren. Es geht um Sorgen, aber auch um die unbeschreibliche Schönheit der Welt, die ich versuche, in meinen Klängen und in der Musik festzuhalten“.
Das hat etwas Spirituelles. „Portraits“ ist Klage, Gebet, Jubel und Überschwang. Es ist sehr menschlich im Bedürfnis, als Künstler einen Beitrag zur Diskussion zu leisten, auch wenn man als Instrumentalist keine Worte zur Verfügung hat. Sprachlos ist Adam Bałdych deshalb nicht, im Gegenteil. Seine Musik öffnet einen Erfahrungsraum, der über die Grenzen des Gesprochenen hinausreicht. Er ist ein Virtuose, ausgebildet in Katowice und am Berklee College, preisgekrönt und erfahren auf den Jazzbühnen der Welt. Aber er ist auch Teamplayer, der weiß, wie wichtig es ist, die eigenen Ideen in der Gemeinschaft wachsen zu lassen: „Als ich die Musik zur Bandprobe mitbrachte, haben wir zunächst viel Zeit damit verbracht, uns über die Instrumentierung und die Arrangements klar zu werden.“
„Es war ein wenig wie bei klassischer Musik, wir haben die Register der Instrumente angehört und nach dem passenden Raum dafür gesucht.“ erklärt Bałdych weiter. „Es war ein akribischer, nahezu chirurgischer Vorgang. Obwohl wir alle Improvisatoren sind und so viel wie möglich von unserer Natur in die Musik legen wollten, planten wir die Ausführung ungeheuer präzise, um die Freiheit zu bewahren und nichts von unseren Persönlichkeiten zu verlieren. Es war ein sehr inspirierender Prozess.“ So entstand ein Programm mit 15 Stücken, die diese Spannung von innen und außen, von Persönlichkeit und Gemeinsamkeit in den Mittelpunkt stellen. Adam Bałdychs Geigen leiten die Musik, sowohl das normal gestimmte Instrument, als auch die sonore Renaissance-Violine (ein Nach-bau-Unikat eines österreichischen Geigenbauers), die ihm holztönend tiefere Lagen öffnet. Sein langjähriges polnisches Quintett folgt ihm dabei mit freundschaftlicher Kraft: „Wir haben eine sehr ehrliche Beziehung zueinander, die auf dem Verständnis der Kultur und der Tradition basiert, mit der wir aufgewachsen sind. Und wir verstehen uns intuitiv, geben uns den Raum, Erzählungen zu entwickeln. Es ist wie eine polyphone Komposition, die sich aus vielen Stimmen zusammensetzt, jeweils einen Mitspieler in den Vordergrund lässt, und die anderen fungieren dann als Kontrapunkt. Jeder ist eine eigenständige Persönlichkeit, wir respektieren uns und zugleich die Musik als Ganzes, die wir entwickeln.“ So entsteht „Portraits“ als jazzmusikalisches Kraftfeld, nachdenklich und beglückend zugleich. Denn das Adam Bałdych Quintet kann auch ohne Worte eindringlich erzählen.Credits:
Music produced by Adam Bałdych & Mateusz Banasiuk Music composed by Adam Bałdych, except “Prelude” – composed by Sebastian Zawadzki Recorded between October 15th – 17th, 2023, at Boogie Town Studio, Poland
Sound engineer, mixing and mastering: Mateusz Banasiuk
Die beliebte Zusammenstellung "Magic Moments", kuratiert von Siggi LochTrackliste:
01 Elevation of Love // Album: e.s.t. 30
Magnus Öström, Dan Berglund, Magnus Lindgren, Joel Lyssarides, Verneri Pohjola, Ulf Wakenius 02 Second Nature // Album: Life Rhythm
Wolfgang Haffner03 Raw // Album: raw
Nils Landgren Funk Unit 04 The Answer // Album: The Answer
Jakob Manz 05 Shots // Album: Bloom
Bill Laurance 06 Das Handtuch // Album: Tough Stuff
Iiro Rantala 07 She’ll Arrive Between 10 & 11 // Album: Guitar PoetryMikael Máni 08 Terrible Seeds // Album: While You Wait
Little North 09 Se Telefonando // Album: Ennio
Grégoire Maret, Romain Collin 10 Wonderland // Album: Wonderland
Daniel García Trio 11 Fresu // Album: Inner Spirits
Jan Lundgren, Yamandu Costa 12 Hands Off // Album: Stealing Moments
Viktoria Tolstoy 13 Hidden Prelude // Album: What the Fugue
Florian Willeitner 14 Pralin // Album: Let Them Cook
Emile Parisien 15 My Brother Rolf // Album: Komeda
Joachim Kühn 16 Passacaglia // Album: Passacaglia
Adam Bałdych, Leszek Możdżer 17 Linden Tree Rag // Album: Rag Bag
Bernd Lhotzky 18 Zafeirious Solo // Album: Arcs & Rivers
Joel Lyssarides, Georgios Prokopiou
Adam Bałdych & Leszek Możdżer - PassacagliaCD / Vinyl / digital
Adam Bałdych violin, renaissance violin
Leszek Możdżer piano
Auf „Passacaglia“ treffen zwei der prominentesten Charaktere des Jazz aus Polen aufeinander: Violinist Adam Bałdych und Pianist Leszek Możdżer. Das erste gemeinsame Album „Passacaglia“ ist die musikalische Essenz seiner Protagonisten. Das Repertoire reicht von freien Improvisationen über Werke, die die Musiker selbst geschrieben haben, bis hin zu ihren ganz persönlichen Interpretationen von Themen von Erik Satie, Josquin des Prez und anderen. Die Kombination von Instrumenten, die Bałdych und Możdżer auf dem Album verwenden, ist sehr ungewöhnlich: Eine Renaissance-Violine, zwei Flügel - einer auf 442 Hz und der andere auf 432 Hz gestimmt - und ein präpariertes Klavier. Diese Konstellation ermöglicht eine enorm vielfältige Palette musikalischer Ausdrucksmöglichkeiten, die sich über Stile, Genres und sogar tonale und harmonische Konventionen hinwegsetzt. Die Welt, die Bałdych und Możdżer erschaffen, ist eine Welt von ausgewogener Schönheit, die sich in der edlen Form der Kammermusik ausdrückt, aber auch in intensiven Improvisationen.Im Kern geht es Bałdych und Możdżer um die Suche nach dem vollkommenden Klang. Und auch wenn der Ausgangspunkt dieser Suche oft das Schöne, Warme, Sanfte ist, wird man immer wieder von den Wendungen überrascht, die die Musik nimmt. Wie viele Alben, die nachhaltig fesseln ist Passacaglia anziehend und nahbar, gibt aber nicht gleich alle seine Geheimnisse preis, sondern lässt einen immer wieder zurückzukehren um mehr zu entdecken.Credits:
Produced by the artists
Various Artists - Magic Moments 15: In the Spirit of JazzCD / digitalBestes Jazzinfotainment zum 30 jährigen Jubiläum von ACT: 16 Tracks, 65 Minuten Musik in the Spirit of Jazz, u.a. mit Nils Landgren, Emile Parisien & Theo Croker, Iiro Rantala, Vincent Peirani Trio, Michael Wollny Trio, Joel Lyssarides, Jakob Manz & Johanna Summer, uvm.Credits:
Compilation by Siggi Loch
Mastered by Klaus Scheuermann
Adam Bałdych
- PoetryCD / Vinyl / digital
Adam Bałdych violin, renaissance violin
Paolo Fresu trumpet, flugelhorn
Marek Konarski tenor saxophone Krzysztof Dys piano
Michał Barański double bass
Dawid Fortuna drums
Der polnische Geiger Adam Bałdych gehört nicht nur zu den einzigartigen Virtuosen, sondern auch zu den großen Poeten des aktuellen Jazz. Dass seine Musik eine besonders lyrische Ader hat, gespeist aus der klassisch-romantischen Tradition seines Instruments, aus den typischen Melismen der polnischen Volksmusik, aber auch durch die „Blue Notes“ des Jazz, darauf verweisen fast alle Laudatoren des schon vielfach Ausgezeichneten, ob beim ECHO Jazz, beim Grand Prix Jazz Melomani und dem „Frederyk“ – den wichtigsten polnischen Jazzpreisen -, bei der Ehrung mit dem Goldenen Verdienstkreuz der Republik Polen oder kürzlich beim BMW Welt Jazz Award. Es sind tatsächlich eher Gedich-te denn Geschichten, die Bałdych mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln kreiert, vom Pizziccato und Battuto über but-terweichen Bogenstrich bis zu Verfremdungen und Loops. Es brauchte freilich erst noch einen Freund, der, nachdem Bałdych ihm einige seiner neuesten Kompositionen angespielt hatte, sagte: „Junge, du bist wirklich ein Poet auf der Geige“, bis der naheliegende Titel für sein neues Album gefunden war: „Poetry“. Weil Bałdych es seit jeher liebt, passende Partner in seine Projekte einzubinden - zunächst vor allem Pianisten wie Iiro Ran-tala, Yaron Herman und Helge Lien, zuletzt den Cellistenen Vincent Courtois – begab er sich auf die Suche nach einem Gast, der zur Beschreibung musikalischer Dichtung passt. Und kam auf jemanden, den man nach kurzem Nachdenken nicht nur als ebenfalls naheliegend, sondern geradezu als Traumbesetzung ansehen darf: den italienischen Trompeter Paolo Fresu, einem Meister des mediterran leuchtenden Jazz voller poetischer Kraft. „Ich hatte Paolo schon vor einiger Zeit kennengelernt, als ich auf seinem Festival auf Sardinien spielte,“ erzählt Bałdych. „Schon im Gespräch erkannte ich damals eine Art Seelenverwandtschaft, und nach allem, was ich von ihm gehört hatte, konnte ich mir jetzt gut vorstellen, dass sein Sound perfekt passen und mein Album ideal erweitern könnte. Ich lud ihn ein und schickte ihm Material aus den Proben. Er antwortete sofort mit Demoaufzeichnungen, aus denen ich sehen konnte, dass er mühelos Raum gefunden hatte, sich auszudrücken. Bei den Aufnahmen spürte ich dann diese besondere Verbindung, noch bevor wir einen Ton gespielt hatten. Es war eine fantastische Zusammenarbeit.“ Wobei es sicher hilfreich war, dass Baldych den Bogen auf „Poetry“ diesmal weiter spannt als vielleicht je zuvor. So unverkennbar sein Geigenton und die hymnischen Qualitäten seiner Kompositionen sind, so vielfältig sind doch die Formen, Farben und stilistischen Einflüsse. Weit weniger „klassisch“ als noch auf „Sacrum Profanum“, als er heilige Musik vieler Jahrhunderte elegisch auflud. Vielfältiger auch deshalb, weil er sein polnisches Quartett – in dem vor allem Schlagzeuger Dawid Fortuna nun viel kräftiger und jazziger zu Werke geht - noch um den Saxofo-nisten Marek Konarski erweitert hat.
Schon die Titel der Stücke zeugen vom weiten Horizont. „Stars“, „Wish“, „Birds“, „Grace“ oder „Open Sky“ – große Themen und klare Begriffe sind es, die Baldych hier aus dem Spielen heraus imaginiert. Schon beim Opener „Heart Beats“, wenn kontinuierliche Doppelschläge an den Herzschlag denken lassen, der dann melodisch quasi vom Fluss des Bluts umspielt wird. Bei der Inkarnation des Heiter-Spielerischen, wie sie bei der Hom-mage an seinen Sohn „Teodor“ erklingt. Oder beim dramatisch rhythmisierten, aber gleichmäßig rollenden „Psalmody“, das tatsächlich die alten gregorianischen Gesänge in sich trägt. Auch bei dem von einer einfachen, aber kraftvollen „Hookline“ getragenen „Hyperballad“ von Björk, dem einzigen nicht selbst komponierten Stück des Albums. Dass „Poetry“ so außergewöhnlich harmonisch und intim klingt, und dass Paolo Fresu wie ein langjähriges Bandmitglied wirkt, hängt auch mit der Aufnahme zusammen. „Wir sind alle zusammen ins Monochrom Studio im schlesischen Gniewoszów gefahren, ganz abgeschieden zu Füßen der Berge. Mir war wichtig, dass wir uns gerade in Corona-Zeiten frei bewegen konnten, dass wir diese Brüderschaft im Studio leben, uns ohne äußere Einflüsse gegenseitig inspirieren und neues entwickeln konnten. Musikalisch hatte ich alles sehr genau vorbereitet, umso besser konnten wir dann in den Fluss kommen.“ Das hört man, und so ist es alles andere als flapsig, wenn man feststellt: Dieses Album ist ein Gedicht.Credits:
Music written, arranged & produced by Adam Bałdych, except Hyperballad, composed by Björk Recorded by Ignacy Gruszecki at Monochrom Studio, June 18 & 19, 2021 Mixed and mastered by Piotr Taraszkiewicz Piano tuned by Zbigniew Wajdzik
Various Artists - Christmas in the Spirit of JazzCD / digitalSo unterschiedlich wie Weinachten gefeiert wird, kann auch Weihnachtsmusik klingen. Nils Landgrens „Christmas With My Friends“ ist seit nunmehr 15 Jahren aus der Adventszeit nicht mehr wegzudenken, doch er ist lange nicht der Einzige. Viele weitere ACT Künstler.innen haben ihre ganz eigenen Weihnachtsklänge erschaffen: Von den stillen und ruhigen Tönen Bugge Wesseltofts, über Tore Brunborgs „Nordic Christmas“, Musik von Laila Biali oder den Echoes of Swing bis hin zum jungem Sound der Jazzrausch Bigband. Sie alle und viele mehr kommen zusammen auf “Christmas in the Spirit of Jazz“, der ACT Weihnachtssoundtrack 2021.
Rückgrat dieser Weihnachtscompilation sind ausgewählte Titel aus allen acht „Christmas With My Friends“-Alben. Mit „Coming‘ Home for Christmas“ macht Nils Landgren den Anfang. Im Laufe der insgesamt 18 Stücke der Zusammen-stellung treten dann weitere Solisten seines Ensembles hervor: Jessica Pilnäs, Johan Norberg und Jonas Knutson mit dem swingenden Klassiker „Sleigh Ride“, Sharon Dyall mit ihrer bluesgetränkten Stimme auf dem lebensfrohen „Just Another Christmas Song“ sowie Ida Sand und Jeanette Köhn, die den „Angel’s Carol“ im sanft voranschreitenden Duett singen: Musik, die „funkelt wie der Sternenhimmel einer nordischen Winternacht“, urteilte der Stern seinerseits über Nils Landgrens „Christmas with My friends“. Aus Schwedens Nachbarland Norwegen stammt ein anderer Weihnachtsklassiker: Bugge Wesseltoft hat dort mit seinem Pianosolo Album „It’s Snowing On My Piano“ eines der meist gehörtesten Weihnachtalben des Landes eingespielt. In grüblerischen Klängen ertönt daraus „In Dulce Jubilo“ und setzt den Fokus auf das Wesentliche. Janne Mark aus Dänemark knüpft daran und besingt den „Vinter“, eine Hymne, die Skandinaviens dunkle Jahreszeit erstrahlen lässt. Frecher und belebter ist Weihnachten bei der Jazzrausch Bigband: Mal laut, mal leise, aber immer stilvoll und mit feinstem Bigband Sound: „Fröhliche Weihnacht überall“ scheint das Weihnachtsmotto der jungen Bigband zu sein und ist das Gegenstück zu den ruhigen und besinnlichen Klängen auf „Christmas in the Spirit of Jazz“. Ebenso swin-gend, amerikanische Weihnachtsstimmung versprühend kommen die Echoes of Swing und Rebecca Kilgore mit ihrem „Winter Wonderland“ daher.
Auch zwei Stücke, die ursprünglich gar nicht als Weihnachtslieder geschrieben, aber dann Einzug in den Weihnachtska-non gefunden haben, sind zu hören: Laila Bialis Version des Jazzstandards „A Child is Born“ von Thad Jones ist hier erstmals auf CD veröffentlicht. Und der polnische Geiger Adam Bałdych interpretiert Leonard Cohens „Hallelujah“, das eben-falls heute aus der Weihnachtszeit nicht mehr wegzudenken ist. Wie auch Iiro Rantalas Hommage an John Lennon mit “Happy X-mas, War is Over“. Virtuos und mit Tiefgang ist diese Solo-Interpretation eine Botschaft des Friedens und gerade in der heutigen Zeit aktueller und wichtiger denn je. „Have Yourself a Merry Little Christmas” haben Caecilie Norby und Lars Danielsson speziell für „Christmas in the Spirit of Jazz“ aufgenommen. Nur Stimme und Bass im Duo, unbekümmert, aber doch feierlich. Es folgt noch ein besinnli-cher „Christmas Song“ von Viktoria Tolstoy zusammen mit Ida Sand, Ulf Wakenius und Nils Landgren, bevor Mr. Red-horn allein mit seiner Posaune „Christmas in the Spirit of Jazz“ stimmungsvoll zum Ende führt: „Der Mond ist aufge-gangen“ aus seinem jüngst erschienenen Soloalbum „Nature Boy“ lässt seine Posaunentöne schwerelos durch Raum und Zeit zirkulieren und bildet so einen fast meditativen Abschlus.
Various Artists - Romatic Freedom - Blue in GreenCD / digitalAls Siggi Loch 1992 ACT gründete, war seine Leitlinie, eine Plattform und einen Kom pass für den neuen, die alten Genregrenzen sprengenden Jazz zu schaffen, wie er sich insbesondere in Europa entwickelte. Wegen seiner Liebe zur Klaviermusik standen hier von Anfang an besonders die Pianisten im Fokus, die in der Reihe „Piano Works“ präsentiert wurden. Schon bald darauf erkannte die bedeutende britische Tageszeitung „The Guardian“: „ACT ist auf einer Mission, der Welt Europas aufstrebende Jazzpianisten vorzustellen.“ 2006 erschien gewissermaßen eine Quersumme dieser Labelmission: „Romantic Freedom“, eine Zusammenstellung mit Soloaufnahmen von zwölf herausragenden, ACT verbundenen Pianisten. Vierzehn Jahre später ist es jetzt höchste Zeit für eine neue Bestandsaufnahme, mit „Romantic Freedom – Blue in Green“.
Dass „Blue in Green“ aus Miles Davis‘ bahnbrechendem „Kind of Blue“-Album von 1959 den Namenspatron für diese Quintessenz der aktuellen Piano-Szene abgibt und gleich zu Anfang in der schillernden Version von David Helbocks Trio „Random Control“ erklingt, ist kein Zufall: Das refrainlose, modale, von der Harmonik wie Timing revolutionär variable Stück wurde zur Blaupause für experimentelle improvisatorische Exkurse. Nicht nur dafür gibt es hier das Motto vor, es steht als lyrischstes Stück von „Kind of Blue“ auch wieder für die balladeske Seite des Klavierjazz, für „Romantic Freedom“ eben. Fast zwangsläufig folgt deshalb „Believe, Beleft, Below“ des Esbjörn Svensson Trios, ein bewegender Geniestreich, der heute fester Bestandteil des „Great European Songbooks“ ist. Kurz vor Schluss des Albums erklingt sozusagen eine Reprise auf den großen Erneuerer des europäischenJazz, mit Iiro Rantalas Hommage an Svensson: „Tears For Esbjörn“.
Waren 2006 ausschließlich Solostücke vertreten, bilden auf Rom antic Freedom – Blue in Green“ Trioaufnahm en das Gerüst: Die neoromantische Finesse eines Michael Wollny Trios bei „Little Person“, das moderne Fusion-Gewand der „Bubbles“ des Jacob Karlzon Trios, das unverwechselbare Klangbad aus Stakkato und Legato des unermüdlichen Klavier-Pioniers Joachim Kühn mit seinem „New Trio“ bei „Sleep On It“, das Verschmelzen kammermusikalischer und freier Improvisationstraditionen beim Carsten Dahl Trio auf „Sailing with No Wind“, oder der ätherische-sphärische Umgang mit dem Filmmusik-Klassiker „The Windmills of Your Mind“ von Jan Lundgrens „Mare Nostrum“-Trio mit Paolo Fresu und Richard Galliano, all das alles ist Ausdruck und Beweis des enormen Aufschwungs und der kreativen Vielfalt der klassischen Klaviertrio-Besetzung. Aber auch die Duette von Michael Wollny & Nils Landgren (mit ihrer hinreißenden Version von Stings „Fragile“), von Leszek Możdżer & Lars Danielsson („Praying“) oder von Bugge Wesseltoft & Henning Kraggerud (mit dem das Album in vollendetem Schönklang abschließenden „Last Spring“) belegen, dass der europäische Jazz sich zur „Musique Actuelle“ entwickelt hat, die in der Gleichzeitigkeit nahezu aller Musiken der Welt neue ästhetische Positionen findet, und deren Pianisten das ganze Klangspektrum ihres Instruments nutzen. Dazu passt auch, dass sich die zwei verbleibenden Solostücke des Albums auf klassische Vorlagen beziehen: David Helbock destilliert am präparierten Flügel die Jazz-Essenz aus dem berühmten zweiten Satz aus Beethovens Siebter Sinfonie. Und Johanna Summer, das wohl größte junge Talent unter den deutschen Jazzpianisten lässt sich von Schumanns „Von fremden Ländern und Menschen“ zu einem fulminanten Meisterwerk des „instant composings“ inspirieren.
So wächst auf Romantic Freedom – Blue in Green“ zusammen, was zusammengehört. Tradition und Innovation. Freiheit und Form Schönheit und Emotion. Selten war es berührender, den Fortschritt des europäischen Jazz zu hören als hier, gebündelt in den großen Persönlichkeiten der ACTPianisten und ihrer Begleiter.Credits:
Curated by Siggi Loch Mastered by Klaus Scheuermann
Adam Bałdych
- CloudsCD / Vinyl / digital
Adam Bałdych violin & renaissance violin Vincent Courtois cello Rogier Telderman piano
Das glückhafte Gelingen eines Konzerts, der Rausch, wenn Musiker und Publikum im Klang verschmelzen, setzt in den meisten Genres intensive Vorbereitung und große Vertrautheit der Akteure voraus. Im Jazz geht‘s auch anders, spontan und dank der Kraft von Improvisation und Freiheit. Und natürlich, wenn die die Richtigen aufeinan-dertreffen. So wie der polnische Geiger Adam Baldych, der französische Cellist Vincent Courtois und der niederländische Pianist Rogier Telderman. Beim Start des neuen „Sound of Europa“-Festival in Breda 2018 begegneten sie sich erstmals, um keine 24 Stunden später einen gemeinsamen Auftritt hinzulegen, der Publikum und Presse begeisterte. Als „Festival-Highlight“ blieb der Tageszeitung „Trouw“ das Ereignis in Erinnerung, und die führende Website „JazzNu.com“ befand: „Wenn man diese drei innovativen Musiker kategorisieren müsste, käme man um das Wort ‚super‘ nicht herum. Ein Super-Trio also.“ Auch für die Musiker war es etwas Besonderes: „Wir waren sofort auf einer Wellenlänge und es war schnell klar, dass wir dieses gemeinsame Musizieren ausbauen wollen,“ sagt Baldych. Und so erscheint jetzt ihr erstes gemeinsames Album „Clouds“, das nicht nur wegen seiner Besetzung außergewöhnlich ist – ein Trio mit Klavier, Geige und Cello ist einem eher aus der Klassik vertraut als im Jazz. Jeder der drei brachte eigene, teils in der Stimmung, im Tempo oder im Stil ganz unterschiedliche Kompositionen für die Albumaufnahme mit, doch klingt alles wie aus einem Guss, wie von einem einzigen Organismus kreiert. Die Stil- und Genregrenzen hinter sich lassend erreichen die drei mit dieser Musik eine emotionale Tiefe, wie man sie selten hört. Ob beim impressionistischen Titelstück gleich zum Einstieg oder dem beim beschleunigten, seriellen „Early Spring“ (beide aus Baldychs Feder), ob bei den mal hochromantischen („Florical“), mal fast bedrohlich mit Spannung aufgeladenen („The Beginning of a Dream“) Stücken von Courtois oder ob beim ganz auf die improvisatorische Kraft der drei setzenden „Work In Progress“ aus Teldermans Feder - Baldychs erregend emotionaler Ton, Courtois‘ variables Cello und Teldermans vor allem Akkordzerlegungen auskostendes Piano verschmelzen stets Melodie-betonten zu berührenden Stimmungsbildern voller Überraschungen.
„Clouds“ ist das Ergebnis dreier Gleichgesinnter, die ebenso geniale Solisten wie Teamplayer sind. Jeder für sich hat dafür bereits eine Menge Superlative eingesammelt. Allen voran Adam Baldych, der in seiner Heimat schon lange zu den berühmtesten Musikern gehört. Seit 2001 ist er jedes Jahr mit dem „Key for Career Award“ der polnischen Jazzzeitschrift „Jazz Forum“ ausgezeichnet worden, mehrmals war er „Geiger des Jahres“, zu seinen zahllosen Auszeichnungen gehören zwei „Frederyk“-Nominierungen (der polnische Grammy) und das Goldene Verdienstkreuz der Republik Polen. Doch schon mit 16 startete auch seine internationale Karriere, und spätestens seit seiner Verpflichtung als ACT-Künstler 2012 gehört er zur europäischen Elite. Schon 2013 mit dem ECHO Jazz dekoriert, hat Baldych seither den Jazz mit durch eine Neudefinition seines Instruments bereichert: „Bei Baldych erlebt man stets eine Geige, wie man sie noch nie gehört hat“, schrieb zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung.
Eine ähnliche Ausnahmestellung nimmt Vincent Courtois ein, schon weil wie die Geige auch das Cello im Jazz eher ein Exot ist. Wie Baldych verfügt auch Courtois dementsprechend über eine fantastische klassische Ausbildung und Technik. Seine Liebe zum Jazz führte den 52-jährigen Pariser aber schon früh in Zirkel der französischen Avantgardisten wie Martial Solal oder Louis Sclavis. Kontinuierlich ist er seither auch mit eigenen Trios oder Quartetten an der Arbeit, vor allem aber ist er inzwischen weltweit ein gefragter Spezialist für die im zeitgenössischen Jazz wiederentdeckte Streicher-Lage, die so viel abdecken und darstellen kann: Von der amerikanischen Bassistenlegende Dave Holland über den marokkanischen Oud-Spieler Rabih Abou-Khalil bis zu den preisgekrönten Projekten des deutschen Saxofonisten Daniel Erdmann mit dem Schweizer Drummer Samuel Rohrer reicht der Aktionsradius. Dass diese beiden Solitäre die Wunschpartner von Rogier Telderman – er stellte den Auftritt in Breda zusammen und produzierte schließlich das Album - waren, sagt viel über das junge niederländische Top-Talent aus. Ist der 28-jährige Sohn des klassischen Pianisten Andre Telderman doch selbst seinen ganz eigenen Weg gegangen. So begann er nach der Schule ein Studium als Wirtschaftsingenieur, nur nebenbei begleitete er Chöre und Bigbands nach Noten. Zur Improvisation fand er erst durch Gespräche mit einem Freund. Mit 22 ging er dann ans Konservatorium in Tilburg, und schon bald während seines Studiums wurde er von Radio6 zum „Jazztalent des Jahres“ ausgerufen und für den Jacques-de-Leeuw-Preis nominiert. Nach seinem Abschluss 2009 arbeitete er zunächst viel mit Sängerinnen, Kabarettis-ten und fürs Theater - inzwischen ist er Dozent für Musiktheater am Konservatorium Rotterdam -, bevor er sein eigenes Trio gründete. Schon diese rein niederländische Band sorgte mit dem Debütalbum „Contours“ und vielen Festivalauftritten für Aufsehen. An der Seite von Baldych und Courtois hat Telderman jetzt den Schritt ins interna-tionale Rampenlicht geschafft. Ein „Super-Trio“ eben, das beweist, wie magisch erste Begegnungen im Jazz sein können, aber auch, wie lohnend es ist, diese dann zu vertiefen.Credits:
Recorded at La Buissonne Studios by Gérard de Haro, Pernes-les-Fontaines (France), December 9 & 10, 2019 Mixed by Gérard de Haro and Rogier Telderman Mastered by Wessel Oltheten Piano tuning by Sylvain Charles Produced by the artists
Various Artists - Magic Moments 13CD / digitalBestes Jazzinfotainment: 16 Tracks, 75 Minuten Musik in the Spirit of Jazz, u.a. mit Nils Landgren & Jan Lundgren, Wolfgang Haffner,Ulf Wakenius, Solveig Slettahjell, Grégoire Maret, Vincent Peirani & Emile Parisien, Kadri Voorand, Viktoria Tolstoy, Jazzrausch Bigband.Credits:
Compilation by Siggi Loch Mastered by Klaus Scheuermann
Various Artists - Magic Moments 12CD / digitalOne World Of Music. Vielfalt vereint. Mit Jazz als Epizentrum ohne Berührungsängste zwischen den Genres agiert ACT offen in alle Richtungen, sei es zu Pop, Rock, Singer-Songwriter oder traditioneller Volksmusik wie Flamenco und Tango. So präsentiert auch die mittlerweile zwölfte Magic Moments-Zusammenstellung aufregende Musik „in the Spirit of Jazz“: Fernab eines festgelegten Stils sind 71 Minuten purer Hörgenuss und spannendes Jazz-Infotainment garantiert, mit etablierten Stars, Newcomern und Geheimtipps. Den Anfang macht Iiro Rantala am Klavier mit seinem Portrait des Monats „August“ aus „My Finnish Calendar“, der den Jahreslauf seines Heimatlandes aus ganz persönlicher Sicht vertont. Der argentinische Tango ist, wie auch der Jazz, ein Paradebeispiel für eine lebendige, sich stetig entwickelnde musikalische Tradition. Das Javier Girotto Trio zeigt dies mustergültig mit „Deus Xango“ aus dem Album „Tango Nuevo Revisited“, ein zeitgemäßes Remake des Piazzolla-Mulligan-Klassikers von 1975. „Vier erste-Liga-Jazzer mit reiner Spielfreude“ (ZDF heute Journal), dafür steht „4WD“ von Nils Landgren, Michael Wollny, Lars Danielsson und Wolfgang Haffner. Jeder lenkt den Reisekurs des Quartetts gleichermaßen. Wo sie ankommen, bemerkt die Neue Zürcher Zeitung: „zu viert im Jazz-Olymp“. „Flamenco und Jazz sind Brüder“, behauptet der spanische Piano-Newcomer Daniel García. Im energiegeladenen Trio plus Special Guest Jorge Pardo zeigt er furios mit „Travesuras“, dass er damit absolut recht hat. Zusammen mit seiner Ehefrau Serena Fisseau erschafft der französische Akkordeonist Vincent Peirani anschließend einen vertrauten musikalischen Rückzugsort. „What A Wonderful World“ ist ein Statement an die Stille. Neue aufregende Klangwelten lässt ACT-Neuzugang Grégoire Maret mit Edmar Castaneda entstehen. Bei „Harp vs. Harp“ trifft Mundharmonika auf Harfe. Ein seltenes Paar, dass auf „Blueserinho“ zum Erlebnis wird.
Mit seinem „Italian Songbook“ hat Trompeter Luca Aquino eine Hommage and die Musik seiner Heimat aufgenommen. Das Stück „Scalinatella“, von Filmkomponist Giuseppe Cioffi, erklingt in einer berührenden Trio-Version mit dem italienischen Pianistenstar Danilo Rea und Akkordeonist Natalino Marchetti. Die Sängerin Cæcilie Norby vereint auf „Sisters in Jazz“ Musikerinnen aus mehreren Generationen und Ländern. Ihre Komposition „Naked In The Dark“ belegt, dass Jazz nicht nur Männersache ist. „Klinken“ stammt aus dem Young German Jazz-Debüt „Stax“ des erst 25-jährigen Schlagzeugers Max Stadtfeld. Er und seine Mitstreiter posen nicht mit Intellektualität, bewegen sich im rhythmusorientierten Mainstream und weisen doch darüber hinaus. Mit Frische und gleichermaßen erstaunlicher Reife weiß das Quartett zu begeistern.Seit über 10 Jahren ist das Erfolgstrio Mare Nostrum um Paolo Fresu, Richard Galliano und Jan Lundgren ein Sinnbild für den Sound Europas. Alle drei sind sie Klangpoeten mit großer Liebe zur Melodie, was auch ihr nunmehr drittes Album unterstreicht und mit dem schwedisch angehauchten „Ronneby“ auf Magic Moments 12 dokumentiert ist. „Joachim Kühn interpretiert die Musik Ornette Colemans auf seine ganz eigene Art: lyrisch, sanft und in sich gekehrt, aber voller überraschender Details”, urteilt das Magazin Galore über das Soloalbum der deutschen Jazzikone. Im zuvor noch nie aufgenommenen Stück „Lost Thoughts“ verarbeitet Kühn seine erfolgreiche Geschichte an der Seite von Jazzlegende Coleman. Am 6. Februar 2019 wurde der Jazz-Baroness Pannonica (Nica) de Koenigswarter (1913 - 1988) mit einem Konzert in der Berliner Philharmonie für ihren unermüdlichen Einsatz für den Jazz Tribut gezollt. Im Mittelpunkt standen Stücke von Musikern, welche Pannonica über viele Jahre mit Geld, Unterkunft, Rat und Freundschaft unterstützt hat und die ihr oft zum Dank eigene Kompositionen widmeten, so auch „Little Butterly“ von Thelonious Monk. Die New Yorker Sängerin Charenée Wade steht hier im Mittelpunkt, begleitet von Iiro Rantala, Dan Beglund und Anton Eger sowie der amerikanische Saxofon-Altmeister Ernie Watts. „Ein israelisches Power-Trio. Heavy Jazz!“, schreibt der Rolling Stone über Shalosh. Hört man das aufbrausende „After The War“ weiß man, warum: Rock und Indie-Jazz verbinden sich hier zu einer spannungsgeladenen Mélange. Der Geiger Adam Baldych ist ein begnadeter Virtuose und laut Stereo-Magazin „einer der technisch brillantesten Interpreten in der improvisierten Musik.“ „Longing“ von seinem Album „Sacrum Profanum“ ist eine sehnsuchtsvoll-melancholische Ballade, einfühlsam im Duo mit dem Pianisten Krzysztof Dys interpretiert. Auf „Painted Music“ entkleidet der Pianist Carsten Dahl konsequent Klassiker des Jazz-Repertoires und macht sich diese mit seinem ganz persönlichen Blick zu Eigen. Das bekannte traditionelle dänische Volkslied „Jeg gik mig ud en sommerdag“ gießt den Sommer in Noten und Klang.
Zum Abschluss der Magic Moments 12 macht Nguyên Lê mit seinem Stück „Hippocampus“ das Thema der Compilation „One World Of Music“ noch einmal deutlich: Als musikalischer Wanderer zwischen den Kulturen verbindet der französische Gitarrist vietnamesischer Abstammung die Freiheit des Jazz mit Rock- und weltmusikalischen Einflüssen.Credits:
Compilation by Siggi Loch Mastered by Klaus Scheuermann
Adam Bałdych - Sacrum ProfanumCD / digital
Adam Bałdych violin & renaissance violin Krzysztof Dys piano, prepared upright piano & toy piano Michał Barański double bass Dawid Fortuna drums, crotales & gran cassa
„Sacrum Profanum“ ist nicht nur Neuanfang, sondern auch Rückbesinnung des polnischen Geigers Adam Bałdych. Eines Mannes, der mit 16 auszog, um die Jazz-Welt mit jugendlichem Sturm und Drang zu erobern. Und den die FAZ nach seinem ACT-Debüt „Imaginary Room“ im Jahre 2011 als „größten lebenden Geigentechniker des Jazz“ adelte. Bałdychs technisch atemberaubenden Linien erinnerten an die von Bläsern, seine mehrstimmigen Motive an das Akkordspiel von Pianisten, dazu kam eine die Genregrenzen überwindende Experimentierlust. Und doch war all dies, darunter zuletzt auch zwei Alben mit dem Helge Lien Trio, nur die Basis für Bałdychs auf „Sacrum Profanum“ dokumentierte Selbstfindung: Wie so viele in dieser sich stetig beschleunigenden, um sich kreisenden Zeit suchte er mehr denn je nach Harmonie, Zuversicht, zeitlosen Werten und der Wahrheit über sich selbst: „Ich beschloss, mich der ,heiligen Musik‘ zuzuwenden, von der mittelalterlichen Mystikerin Hildegard von Bingen und dem Renaissancekomponisten Thomas Tallis bis zur zeitgenössischen russischen Avantgardistin Sofia Gubaidukina“, erzählt Bałdych. „Mein Ziel war, die zeitlose Schönheit der mystischen Musik und dieser ihrer exzeptionellen Komponisten einzufangen und sie in einer aktuellen musikalischen Sprache zu interpretieren.“ Fünf Stücken dieses Ursprungs (zu den Genannten kommt auch eines von Gregorio Allegri und das „Bogurodzica“ unbekannter Herkunft) stehen fünf neue eigene Kompositionen Bałdychs gegenüber. Sie alle eint die Kombination aus dem Geist der improvisatorischen Freiheit und der Hinwendung zum klassischen Klang. „Als junger Geiger wurde ich von der Musikschule geworfen, weil ich Jazz gespielt und beim Versuch, damit den Geigenklang neu zu definieren, gegen die klassische Musik rebelliert hatte. Nun kam ich auf das zurück, was mich zuletzt am meisten inspiriert hatte – die klassische Musik“, berichtet Bałdych zur Vorgeschichte von „Sacrum Profanum“. Zusammen mit seinen herausragenden polnischen Begleitern Krzysztof Dys am Klavier, Michal Baranski am Bass und David Fortuna am Schlagzeug orientierte er sich an den Klangmöglichkeiten der Neuen Musik. Orchesterinstrumente wie die Gran Cassa, Zimbeln oder Gongs kamen hinzu, das Klavier wurde für bestimmte Stücke präpariert. Und er selbst ließ sich selbst vom einmaligen Ton der Renaissance-Violine inspirieren. Damit keine Missverständnisse aufkommen: „Sacrum Profanum“ ist kein klassisches und schon gar kein New-Age-Album, sondern eines das Genres und Stile transzendiert. Und es ist auch nicht leise. Den meditativen Passagen, oft mit osteuropäischem Kolorit, der klassischen Tongestaltung und Formelhaftigkeit stehen rasende, ja rockige Ausbrüche („Repetition“) und ganz allgemein eine starke Rhythmik gegenüber. Selbst Hildegard von Bingens „O Virga ac diadema“ bekommt einen hin und her wogenden, rasanten Drive. Aus Gubaidulinas „Concerto For Viola And Orchestra“ wird eine wilde Suite zwischen Soundtrack und Freejazz. Und Bałdychs abschließendes Solo „Jardin“ ist fast ein Popsong, freilich ohne gestrichene, sondern ausschließlich mit gezupften oder angeschlagenen Saiten. Bałdych wirft alles in die Waagschale, was ihn bisher schon auszeichnete. Oder, wie er es formuliert: „Virtuosität bedeutet für mich heute die ausgefeilte Varietät des Klangs, voller neuer Farben und verschiedenen Techniken, welche mir beim Experimentieren mit dem Instrument ein unendliches Meer an Möglichkeiten eröffnen.“ Damit hat er auf „Sacrum Profanum“ den neuen eigenen Ausdruck gefunden, den er suchte.Credits:
Recorded by Klaus Scheuermann at Clouds Hill Recordings Studio Hamburg, November 20 & 21, 2018 Mixed and mastered by Klaus Scheuermann at 4ohm Studio Berlin, December 4, 2018 Produced by Adam Bałdych
Various Artists - Magic Moments 10 "In The Spirit of Jazz"CD / digitalDer Jubiläums-Sampler Magic Moments 10 gibt einen Einblick über die aktuellen Albumveröffentlichungen aus dem ACT Katalog. 14 Titel, über 1 Stunde bestes Jazz-Infotainment „in the spirit of Jazz“.Credits:
Compilation by Siggi Loch Mastered by Klaus Scheuermann
Adam Baldych - BrothersCD / Vinyl / digital
Adam Bałdych violin, renaissance violin Helge Lien piano Frode Berg bass Per Oddvar Johansen drums Tore Brunborg saxophone „Bridges“ hieß das letzte Album des polnischen Geigers Adam Bałdych. In der Tat gehört der trotz seiner zahlreichen Auszeichnungen bis hin zum ECHO Jazz erst 31-Jährige zu den führenden Brückenbauern des europäischen Jazz: Polnische Volksmusik, Klassik und Jazz jeder Couleur finden bei ihm zusammen, gespielt mit einer technischen Bandbreite, bei der sich klassischer Strich mit wirbelnder Improvisation und wuchtiger Rock-Dynamik verbinden. Diese Brücken baut Bałdych seit 2015 mit dem norwegischen Helge-Lien-Trio: „Zusammen mit Helge, Frode und Per Oddvar haben wir tausende von Kilometern hinter uns gebracht und wurden dabei mehr als nur musikalische Begleiter…“
„Brothers“ also heißt Adam Bałdychs neues – obendrein dem Andenken seines verstorbenen Bruders gewidmete – Album, und es geht ihm und seinen Begleitern dementsprechend um mehr als um Virtuosität oder Unterhaltung: „Ich möchte, dass meine Musik in die Zeit, in der wir leben, eindringt und sie reflektiert; dass sie ihre Sorgen und Sehnsüchte aufnimmt. Ich wünsche mir für meine Musik, dass sie die Botschaft von Liebe und Schönheit transportiert. Denn mehr denn je müssen wir uns heute als Brüder und Schwestern fühlen, um einander besser zu verstehen.“ Ein hohes Ziel, das sich auch in Songtiteln wie „Faith“, „Love“, „One“ oder „Shadows“ spiegelt. Aber im bestens eingespielten Verbund mit Helge Lien am Piano, Frode Berg am Bass und Per Oddvar Johansen am Schlagzeug, auf einigen Stücken noch durch den norwegischen Saxofonisten Tore Brunborg (bekannt durch seine Zusammenarbeit etwa mit Tord Gustavsen oder Manu Katchè) verstärkt, besitzt Bałdych auch die Mittel, die verschiedenen Aspekte der Brüderlichkeit musikalisch ausdrücken zu können.
Die Bruderschaft der Musiker ist dafür die Voraussetzung: „Nur völliges Vertrauen und Verständnis führt uns zu einer musikalischen Einheit, die einem kompromisslose musikalische Reisen ermöglicht und das Wagnis zulässt, das Unbekannte zu erforschen“, sagt Bałdych. Dass diese Einheit erreicht wurde, demonstrieren alle neun Stücke des Albums - acht davon Eigenkompositionen von Bałdych. Und auch das Album ergibt ein zusammenhängendes Ganzes, es ist gewissermaßen ein Konzeptalbum geworden. Bałdych schlägt dabei einen Bogen von der fragenden, wuchtig-rockigen Hymne („Elegy“) über die vorsichtig Vertrauen fassende, von Moll in Dur wechselnde Ballade („Faith“) und das lyrische Beschwören der Einheit („One“) und der sein Thema aufgewühlt umkreisende Titeltrack („Brothers“) bis zum sich fast aus dem Nichts kommenden und dorthin wieder ausklingenden „Hallelujah“ von Leonard Cohen.
„Unsere Musik ist ,schmutziger‘ und wilder als beim vorigen Album Bridges“, beschreibt es Bałdych selbst, „wir balancieren auf dem Grat zwischen Schrei und Stille – so wie die heutige Welt, in der Freude und Leid Seite an Seite koexistieren.“ Gefühlvoll und klar im Pianissimo, auf der anderen Seite bis zum Bersten kraftvoll und laut, eindringlich ruft der Geiger in seinem Spiel die gesamte Emotionspalette hervor. Und weil sich im Zusammenspielt polnische und skandinavische Sounds, amerikanische und europäische Improvisationstradition, Stile und Genres so brüderlich vereinen und ergänzen, wird auch der mitgerissene Hörer zum Bruder im Geiste.Credits:
Music composed and arranged by Adam Bałdych except 07 composed by Leonard Cohen and arranged by Adam Bałdych & Helge Lien Recorded by Klaus Scheuermann at Hansa Studios, Berlin, November 12 & 13, 2016 Produced by Siggi Loch with the artist The Art in Music :Cover art by Alf Lechner (1925 - 2017): Anlehnung Steel, 420 x 120 x 310 cm, ACT Art Collection
Various Artists - The Jubilee ConcertsCD / digitalVarious ArtistsWenn 34 Künstler in den verschiedensten und teilweise noch nicht dagewesenen Konstellationen zusammenkommen, um miteinander zu musizieren, dann braucht es dafür eine verbindende Gesinnung, die die Musik im Innersten zusammenhält: Grenzen nicht zu akzeptieren, offen und neugierig sein für den Anderen, Mut zum Risiko und sich auf das Unerwartete einlassen sowie die Lust, Neues entdecken zu wollen. All dies zeichnet die ACT-Musikerfamilie aus, die aus allen Teilen Europas zu den Jubilee Concerts in Berlin zusammenkam, um ihrem Label zum 25. Geburtstag einen selbstgestalteten Konzerttag zu schenken und damit Danke zu sagen. Ganz nebenbei machten die Jubilee Concerts hautnah erlebbar, wofür ACT seit 1992 steht: Als führendes Entdeckerlabel auf der Suche nach bisher ungehörter Musik „in the Spirit of Jazz“ sind es die Vielfalt und die ungeahnten Verbindungen, mit denen das Label immer wieder überrascht und daraus neue Inspirationen zieht – connecting the unexpected.
Wer das Glück hatte, noch Karten für die große Geburtstagsfeier im Konzerthaus Berlin zu ergattern, der wird den Abend nicht vergessen. Denn es ging ihm vermutlich nicht anders als den zahlreich anwesenden Medienvertretern, die zum Jubiläum vor Ort waren: „Was für ein ACT!“ titelte zum Beispiel „Spiegel Online“ und befand, es seien „Konstellationen zustande gekommen, bei denen jedem, dem Jazz am Herzen liegt, nicht mehr bange um die Zukunft des Genres sein muss.“ „Le Figaro“ schrieb: „Kurz: Es war Jazz in all seinen Formen“, das britische Jazzwise Magazin meinte: „Alles deutete auf ein Label in seinem Zenit, das Neues umarmt, während es das Alte achtet, beides nährt und so Stars aufbaut; ACT wird erwachsen – mit einem Lächeln im Gesicht und einer stolzen Pose.“ Und die FAZ schließlich stellte fest: „Die ACT Family Band war ein Allstar-Ensemble, wie es so bald kein zweites in der Jazzgeschichte geben wird.“
Wer dieses Familientreffen der besonderen Art live verpasst hat, kann es jetzt immerhin auf CD nachhören. Er kann in einem für den „Spirit of Jazz“ der ACT-Künstler typischen Aus-und Querschnitt nachvollziehen, wie ACT mit bislang gut 500 Alben ein Viertel der Jazzgeschichte begleitet und in Teilen mitgeprägt hat: Ist doch jeder der hier beteiligten Musiker ein Ausnahmetalent mit herausragenden solistischen Qualitäten und eigenen Projekten, zugleich aber aufgeschlossen für die Inspiration, die sich aus der Begegnung mit seinen Kollegen ergibt.
Auf dieses Netzwerk der ACT-Künstlerfamilie legte Labelchef Siggi Loch von Anfang an großen Wert, und welchen Gewinn das einbringt, zeigt „The Jubilee Concerts“: Alles, was Nils Landgren, als integrales Zentralgestirn der europäischen Jazzszene, so etwas wie der ACT-Mannschaftskapitän, als Moderator präsentierte, war außergewöhnlich, angefangen mit seinem humorvoll-melancholischen Entree „Send In The Clowns“ zusammen mit Michael Wollny. Ob nun Jung und Alt auf verblüffende Weise miteinander kommunizierten wie der große deutsche Pianist Joachim Kühn mit dem französischen Shootingstar am Sopransaxofon Emile Parisien (der Name des Kühn-Titels, den das Duo darbot, „Missing A Page“, trifft sehr schön den von Noten unbelasteten, von musikalischer Freiheit durchdrungenen Ansatz der beiden); ob die Bassisten Dieter Ilg und Lars Danielsson im Duo miteinander spielten und jede Emotion freilegten, die man mit ihrem Instrument erregen kann; ob ein in wechselnden Kombinationen bestens eingespieltes Ensemble wie das Quintett mit Landgren, Wollny, Danielsson, dem Gitarristen Ulf Wakenius und Schlagzeuger Wolfgang Haffner mit „Walk Tall“ gospeligen Groove zelebrierte; oder ob mit Wollny, Parisien, dem Akkordeonisten Vincent Peirani und dem Stimmakrobaten Andreas Schaerer vier der herausragenden „jungen Wilden“ Europas die überkommenen Stil- und Genregrenzen über den Haufen warfen.
Berührender Höhepunkt ist „Dodge The Dodo“, einer jener Standards des „Great European Songbooks“, die der unvergessene, viel zu früh gestorbene Esbjörn Svensson geschrieben hat: Brillieren bei dieser Hommage doch unter anderem nicht nur Iiro Rantala am Flügel, der polnische Geiger Adam Bałdych und der jüngste ACT-Zuwachs Magnus Lindgren an der Flöte, sondern auch die beiden Söhne Svenssons, Noa am Schlagzeug und Ruben an der Gitarre. Ein Symbol für die nächste Jazzgeneration und eine nicht zu übertreffende Einleitung für das große Finale, bei dem alle mitsangen und -spielten: Denn da stimmte Ida Sand mit ihrer grandiosen Soul-Stimme jenen Nile Rodgers-Titel an, der den Kern des Abends wie der 25 Jahre, die es zu feiern galt, perfekt einfing: „We Are Family“. Oder wie es Nils Landgren formuliert: „Wir sind eine Familie. Nicht einfach irgendeine Familie. Wir sind die ACT-Familie!“Credits:
Live at Konzerthaus Berlin, April 2, 2017 Recorded, mixed and mastered by Klaus Scheuermann Curated by Siggi Loch An ACT Music concert production in cooperation with Konzerthaus Berlin
Various Artists - Twenty Five Magic Years - The Jubilee AlbumCD / Vinyl / digitalEs ist nun exakt 25 Jahre her, dass Siggi Loch ernst damit machte, „nützlich statt wichtig zu sein“, wie er in seiner Autobiographie schrieb: Nach einer beispiellosen Karriere als Manager und Produzent im internationalen Musikbusiness gründete er sein eigenes, unabhängiges Jazz-Label: ACT. Von Anfang an ging es ihm um eine Plattform für Musiker, die ihr Publikum unmittelbar berühren, begeistern und erobern können, die die ausgetretenen Pfade verlassen, Risiken eingehen und so ihre eigene Musik „in the Spirit of Jazz“ machen. 25 Jahre und über 500 Veröffentlichungen später darf dieser Anspruch als erfüllt gelten: ACT hat als „the discovery label“ Jazzgeschichte mitgeschrieben, seine Musikerfamilie besteht aus führenden Persönlichkeiten des Jazz.
Auch für das „Jubilee Album“ zur Feier dieses stolzen Jubiläums begnügt sich ACT nicht mit dem Erwartbaren. Bis auf drei Stücke, die gewissermaßen als „Signature Songs“ der ACT-Philosophie gelten können, sind alle Tracks bislang unveröffentlicht, einige davon wurden extra für diesen Anlass in wechselnder „Allstar-Besetzung“ in den Berliner Hansa-Studios eingespielt. So ergibt sich eine neu formulierte Quersumme der Herz, Seele und Geist gleichermaßen bewegenden Musik, für die ACT steht: ein Kaleidoskop magisch-musikalischer Momente seiner für alle Genres und Stile offenen Künstler.
Nicht zufällig geht es mit dem Beatles-Stück „Come Together“ los, interpretiert von Nils Landgren, Ulf Wakenius und Lars Danielsson. Folgt es doch der Tradition des Jazz, sich Vorlagen aus anderen Gefilden improvisierend anzueignen, die ganze ungeahnte Vielfalt der Musik zu nutzen – getreu dem ACT-Motto: „Connecting the unexpected“. Das Trio, dass dies hier umsetzt, steht auch für eine andere Spezialität: Ist ACT doch der wichtigste Exporteur des schwedischen Jazz in die Welt. Landgren, seit 1995 exklusiver ACT-Artist und mittlerweile der erfolgreichste Label-Künstler, zeigt sich auf dem „Jubilee Album“ mit Nat Adderleys „Walk Tall“ auch von seiner funkigen Seite. Und Wakenius‘ Hommage „Paco’s Delight“ an die Flamenco-Ikone Paco de Lucía wird im Duo mit seinem Sohn Eric zur Familiensache. Über die fruchtbare Schweden-Connection fand auch Viktoria Tolstoy den Weg zu ACT, die auf dem Jubiläumsalbum unverwechselbar bittersüß „Monologue“ ihres früheren Begleiters Esbjörn Svensson singt.
Natürlich ist es auch kein Zufall, dass das Album mit Svenssons „Prelude in D Minor“ endet, war er mit seinem Trio e.s.t. doch bis zu seinem tragischen Unfalltod 2008 der wohl wichtigste Neuerer des europäischen Jazz. Das Solopianostück ist das einzige Vermächtnis eines geplanten, aber leider unvollendeten Soloalbums. Auch der e.s.t.-Klassiker „Dodge The Dodo“ unterstreicht die große Strahlkraft des verstorbenen schwedischen Masterminds, den hier ein Quartett mit dem polnischen Geiger Adam Bałdych, dem finnischen Pianisten Iiro Rantala und dem Flötisten Magnus Lindgren mit Wucht und Finesse zu Gehör bringt.
Neben Svensson, Bałdych und Rantala ist auch der norwegische Saxofonist Marius Neset mit „Prag Ballet“ ein herausragendes Beispiel für den „Sound of Europe“, dem ACT ebenfalls von Anfang an ein Dach gegeben hat. Und dieses Engagement mit wachsendem Erfolg fortsetzt, wie „B&H“ beweist, eine Live-Aufnahme der brandneuen Kombination der neuen französischen Jazzstars Vincent Peirani und Emile Parisien mit dem einmaligen Schweizer Vokalartisten Andreas Schaerer sowie dem „vollkommenen Klaviermeister“ (FAZ), Michael Wollny.
Als einer der wenigen deutschen Jazzer hat das Jahrhunderttalent Wollny den Sprung ins internationale Rampenlicht geschafft. Auf dem „Jubilee Album“ ist er in zwei weiteren Konstellationen vertreten: Im explosiven Duo „Swing, Swing, Swing“ mit Deutschlands bedeutendstem Schlagzeuger Wolfgang Haffner, repräsentiert Wollny die ACT-Politik, nie die heimischen Talente zu vergessen. Das live in der Berliner Philharmonie aufgenommene Duo mit Iiro Rantala („White Moon“), steht zugleich für die ACT-Mission, der Welt aufstrebende Jazzpianisten vorzustellen. Schließlich darf auch die „ganz große Kunst eines wahren Stimmwunders“ (Vogue) auf der Geburtstagszusammenstellung nicht fehlen: Youn Sun Nahs „Bitter Ballad“.
Das „Jubilee-Album“ ist Rückschau und Ausblick in einem. Es zeigt anhand von herausragenden Kompositionen und Künstlern, dass ACT ein verlässlicher Kompass für neue, aufregende Musik „in the Spirit of Jazz“ war, ist und bleiben wird.Credits:Curated by Siggi Loch Mastered by Klaus Scheuermann Cover art by Jiri Geller, SMILE!, 2016 @ ACT Art Collection
Adam Baldych - BridgesCD / Vinyl / digital
Adam Bałdych violin Helge Lien piano Frode Berg bass Per Oddvar Johansen drums
Bałdych baut Brücken
Mit unerhörter instrumentaler Virtuosität überschreitet der polnische Geiger Grenzen: seines Instrumentes, zwischen den Genres, zwischen Komposition und Improvisation und im verschmelzenden Zusammenspiel mit seinen Mitmusikern. Das macht ihn zu einem „erfrischend anderen europäischen Jazzstar“ wie das englische Jazzwise Magazin feststellt, der “virtuos und hochemotional” (Fono Forum) wie „derwischhaft intensiv“ (Jazz thing) mit der Tradition als Basislager neue Jazz-Forschungsreisen unternimmt.
Der 1986 geborene Bałdych galt in seiner Heimat früh als „Wunderkind“ und musste nach einem ausgedehnten USA-Aufenthalt – an der berühmten Berklee College of Music in Boston und in New York - auch nicht lange auf den internationalen Durchbruch warten: Nach dem umjubelten Auftritt beim Jazzfest Berlin 2011 erklärte ihn die FAZ zum „zweifellos größten lebenden Geigentechniker des Jazz.“ Für sein 2012 aufgenommenes ACT-Debüt unter eigenem Namen „Imaginary Room“ erhielt er den ECHO Jazz. Und mit Blick auf Bałdychs im Jahr darauf folgendes Duo-Album „The New Tradition“ (mit dem Pianisten Yaron Herman) schrieb die Süddeutsche Zeitung: „Wer einen neuen Debussy, einen neuen Grieg, einen neuen Strawinsky sucht, der sollte heute eher beim Jazz nachschauen, als in der Modernen Klassik.“
Was mehr denn je für Adam Bałdychs neues Album „Bridges“ gilt. Das zeigt schon der Einstieg mit dem programmatischen Titeltrack: Eine ruhige, lyrische Melodie sucht sich Klangfarben, zugleich sind harmonische Stimmungen herauszuhören, wie wir sie aus Ost-, aber auch aus Nordeuropa kennen. Denn neben Bałdychs unerreicht differenzierten Streicherklängen - von hauchzarten Obertönen bis zum druckvollen, Cello-artigen Sound – erklingt ein ähnlich variables Piano: Für „Bridges“ hat sich Bałdych das Trio des norwegischen Pianisten Helge Lien an seine Seite geholt. „Ich habe seine letzten zwei Alben mit großem Interesse gehört – Produzent Siggi Loch hatte mir zuerst eines gegeben – und war sehr beeindruckt von der Art, wie dieses Trio zusammen musiziert“, erzählt Bałdych. „Ich hatte für einige meiner Kompositionen nach einem Klaviertrio gesucht, das eine bestimmte Spielweise hat, um sozusagen zwei Persönlichkeiten zu verschmelzen und damit etwas Neues aus meiner Musik zu machen.“
Helge Lien erwies sich dafür als ideale Wahl. Auf bereits acht Trio-Alben hat der norwegische Pianist und Komponist seinen Stil kontinuierlich und konsequent weiterentwickelt. Blind vertrauen kann er dabei auf Frode Berg am Bass, einem Weggefährten von Anfang an. Für ein belebendes Element sorgt der vor zwei Jahren dazu gestoßene Schlagzeuger Per Oddar Johansen. Ihre Basis ist eine formvollendete Melodik die stets zugänglich, aber nie glatt ist. Ohne Anklänge an die Trio-Tradition von Esbjörn Svensson bis zu Brad Mehldau zu verleugnen, experimentieren Lien und sein Trio mit dem amerikanischen Erbe und der nordischen Sound-Atmosphäre auf eigene Weise und greifen dabei auch auf die europäische Klassik der Spätromantik, eines Debussy oder eines Chopin zurück.
All dies eint sie mit Adam Bałdych, der wie Lien ein lyrischer Musiker mit einem starken Fokus auf Melodien ist, rhythmische wie dynamische Entwicklungen liebt und verstärkt die Volksmusik seiner Heimat in seine Kompositionen implementiert – wie zum Beispiel „Polesie“ veranschaulicht, das als Wortspiel wie musikalisch die ostpolnische Tradition aufnimmt, wie sie Bałdych durch seine Großeltern kennt. Vor allem aber fanden die vier eine geradezu symbiotische Beziehung zum Generalthema, das Bałdych diesem Album gegeben hat: der Stille. „In der immer lauteren Welt, die uns umgibt, haben inzwischen viele Leute Angst vor der Stille“, sagt Bałdych. „Sie glauben, dauernd reden zu müssen, um sich wohl zu fühlen. Doch Erkenntnis braucht auch Stille, vieles kann nur flüsternd gesagt werden. Ich habe Stille als Heilung erfahren, deshalb habe ich hier nach Klängen gesucht, die aus dem Flüstern kommen.“
Wie sie sich also aus der Stille entwickeln und fast immer dahin zurückgehen, erzeugen die elf Stücke des Albums einen mitunter rauschhaften Sog – ob bei der „hundertprozentigen Improvisation“ des Titelstücks, beim dynamisch-wilden „Mosaic“, bei Bałdychs ergreifendem „Requiem“ für alle verflossenen Freunde und Vorbilder, beim ob des Titels unerwartet fröhlichen und beschwingtem „Missing You“ oder beim mit Sounds experimentierenden und mehrfach überraschend sich wandelnden „Up“. Der Kreis schließt sich mit einer sensationellen Version von „Teardrop“ der britischen Trip-Hop-Pioniere Massive Attack. „Seit Jahren hat dieses Stück eine persönliche Bedeutung für mich. Und seine wundervolle Melodie passt perfekt für die Geige, die ihr einen folkigen Unterton verleiht. Seit langem habe ich es im Kopf immer wieder gespielt und wollte jetzt unbedingt meine Version auf dem Album haben.“ Wie das ganze Album ist sie ein begeisternder Brückenschlag geworden.Credits:Music composed & arranged by Adam Bałdych, except: Mosaic & Lovers arranged by Krzysztof Herdzin Bridges composed & arranged by Adam Bałdych &Helge Lien Teardrop composed by Massive Attack and arranged by Adam Bałdych & Helge Lien Trio Produced by Siggi Loch with the artist Recorded by Klaus Scheuermann at Hansa Studio, Berlin, March 13 - 15, 2015 Mixed and mastered by Klaus Scheuermann The Art in Music: Cover art by Wilhelm Sasnal, untitled, 2012, ACT Art Collection, by courtesy of Foksal Foundation, Warsaw, Poland
Der Geiger Adam Baldych und der Pianist Yaron Herman im Duo: Zusammen verlieren die Beiden sich in virtuoser Melodiösität, welche sich immer wieder in der Freiheit aufbauscht. Es entsteht eine unglaublich packende Energie die sofort durch den Körper geht.
Mit „Anyone With A Heart“ zeigt sich Iiro Rantala als großer Neo-Romantiker jenseits aller Stil-Beschränkungen. Bis auf eines sind diesmal alle Stücke selbst komponiert. Klavier, Geige und Cello - eine Besetzung, die im Jazz ziemlich einmalig ist. Die klassische Form des Klaviertrios wird vom vollendet virtuosen Alleskönner Adam Baldych (Geige) und der ebenfalls klassisch ausgebildeten Asja Valcic (Cello) komplettiert. „Ich habe Melodien schon immer geliebt“, sagt Rantala und ergänzt: ,,Jetzt geht es mir ganz einfach um meine Melodien, das ist viel persönlicher."
Eine einzigartige, ganz auf Melodien konzentrierte Mischung voller verschiedener Stimmungen: Mit Bach als Klammer wirft Iiro Rantala auf „my history of jazz“ mit der ihm typischen Kombination aus Witz, Intelligenz und „schier grenzenloser Technik“ (hr 2) einen ganz eigenen Blick auf die Jazzgeschichte.
Auf „Imaginary Room“ vergisst man jedes Geigen-Stereotyp und wird Zeuge von Bałdychs beeindruckender Virtuosität, Expressivität und Variabilität. Nicht umsonst schrieb Ulrich Olshausen schließlich in der FAZ, Bałdych sei „zweifellos der größte lebende Geigentechniker des Jazz. Von ihm kann man alles erwarten.“ – Und was man alles erwarten kann, bezeugt er eindrucksvoll auf seinem ACT-Debüt!
17,50 €*
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