Der österreichische Jazzpianist David Helbock gehört zu der Generation junger Jazzmusiker, die die Grenzen ihres Metiers sprengen, die das musikalische Verständnis von alt und neu, von Komposition und Improvisation, von Stil und Persönlichkeit radikal verändern und ihren eigenen Weg gehen. Seine Musik zeichnet sich durch komplexe Strukturen, improvisatorische Tiefe und dynamische Bühnenpräsenz aus. Helbock gilt als einer der spannendsten Stimmen des europäischen Jazz und tourt regelmäßig auf internationalen Frstivals und großen Konzerthäusern weltweit.
David Helbock - Faces of NightCD / Vinyl / digital
David Helbock pianoJulia Hofer electric bass, fretless bass, celloGuests:Lorenz Raab flugelhornMahan Mirarab guitarVeronika Harcsa vocals
Pianist David Helbock und Bassistin / Cellistin Julia Hofer haben viel gemeinsam. Beide sind verspielt, neugierig und experimentieren gerne. Und beide denken perfektionistisch. Das ist eine musikalische Kombination, die sich ausgeht. „Ich war auf der Suche nach einem neuen Gegenüber für eine kleine Besetzung“, erzählt David Helbock, „denn mein letztes Projekt ‚Austrian Syndicate‘ ist zwar eine Herzensangelegenheit, aber auch sehr aufwändig, mit großer Band und vielen Keyboards. Gemeinsam mit ACT-Chef und Produzent Andreas Brandis entstand schließlich die Idee eines akustischen, auf die emotionale Essenz reduzierten Duos – ein Format, in dem die musikalische Kommunikation so direkt funktioniert wie in keiner anderen Besetzung. Und schnell kam ich dafür auf Julia Hofer. An ihr hat mich vor allem die Vielseitigkeit gereizt – und die Fülle der Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Schon in der ersten Probe hat mich ihre Energie sofort fasziniert. Man merkt ihr den Spaß an der Musik schon bei der ersten gespielten Note an und das motivierte mich enorm und ist außerdem sehr ansteckend.“Bassistin und Cellistin Julia Hofer geht ihren künstlerischen Weg in umgekehrer Reihenfolge als normalerweise üblich. In der Regel lernen Musiker:innen ihre Handwerk, werden bekannt und fangen dann an, Unterricht zu geben. Julia Hofer hatte nach dem Bachelor in Wien und noch während ihres Masters an der Popakademie Mannheim bereits millionenfach geklickte Teaching-Videos für den Online-Musikhändler Thomann am Start. Sie unterrichtet außerdem in Klagenfurt und gehört zum Team der Vereinigten Bühnen in Wien. Julia Hofer ist eine Schnellstarterin der österreichischen Szene, Spross aus musikalischem Elternhaus, klassisch als Cellistin ausgebildet, aber stilistisch umfassend aufgestellt. Sie streicht nicht nur poetisch Cello, sondern groovt auch mit energiebasierter Lässigkeit durch das Pop-, Funk- und Fusion-Repertoire von Earth, Wind & Fire und Jamiroquai bis zu den Yellowjackets. Das Besondere dabei: Julia Hofer klebt nicht am Notenblatt. Sie hört lieber genau zu, transkribiert selbst und kommt den Originalen besonders nahe, indem sie manchmal auch etwas passend verändert.Kein Wunder, dass David Helbock von seiner neuen Duo-Partnerin begeistert ist. Schließlich ist der Pianist und Komponist aus Vorarlberg selbst extrem wandelbar. Mit dem Trio Random Control hat er seinen Ruf als Grenzgänger mit humorvoll virtuosen Fähigkeiten am Instrument begründet. Projekte wie sein „Playing John Williams“ (2019) oder „Austrian Syndicate“ (2023) wiederum verankern ihn im kammermusikalischen Solo-Klavier ebenso wie im Neo-Fusion mit jazzrockiger Wucht. David Helbock ist einer der vielseitigsten Musiker der österreichischen Musikwelt. Und er liebt eben Duos wie zum Beispiel „Playground“ (2022), das ihn zusammen mit der Sängerin Camille Bertault auf die europäischen Club- und Festivalbühnen geführt hat.„Faces Of Night“ mit Julia Hofer, spannt den stilistischen Bogen noch weiter. Denn zum Repertoire des Albums gehören Songs von Prince ebenso wie Thelonious Monks „‘Round Midnight“, die cellofarbige Version von Georges I. Gurdjieffs „Woman’s Dance“, eine soul-funkige Interpretation von Eddie Harris‘ „Freedom Jazz Dance“ oder die überraschende Adaption von Motiven aus Robert Schumanns „Klavierkonzert A-moll“. „Wir haben am Anfang auch noch Effekte ausprobiert, das wurde aber immer weniger. Inzwischen ist es ein bis auf den E-Bass nahezu akustisches Album. Und wir haben wirklich viel geprobt und ausprobiert. Ein schöner Prozess“.Ein paar Gäste kamen dazu, der balladenhaft lyrische Trompeter Lorenz Raab, mit dem David Helbock schon seit zwei Jahrzehnten spielt und die Sängerin Veronika Harcsa, ebenfalls eine langjährige Bekannte, die bei „Freedom Jazz Dance“ scattend improvisiert und Monks „Round Midnight“ einen ungarischen Text verpasst. „Und mit Mahan Mirarab wollte ich auch lange schon etwas machen. Er spielt eine Gitarre mit zwei Hälsen, einer davon fretless, was wiederum sehr gut zu Gurdjieff passt“, erzählt David Helbock von dem zweiten Beteiligten auf „Faces Of Night“, mit dem er zuvor noch nicht gearbeitet hat.Und so hat schließlich im Studio gemeinsam mit Produzent Andreas Brandis ein sehr kommunikatives und musikalisch wild energisches Team zusammengefunden. Im Zentrum agieren mit großer Spieloffenheit und Präzision Julia Hofer und als Gegenstück der auf inspirierte Art getriebene David Helbock. Die Gäste erweitern die Basis und führen die Musik mit neuen Farben über diese Konstellation hinaus. „Am Ende passt das alles auch gut zu dem Titel ‚Faces Of Night‘. Die Nacht ist für mich ein Grenzraum, wo Gegensätze möglich sind und sich ergänzen“. Die Gesichter der Nacht öffnen die Pforten für ein neues Duo, das mit seinem Debüt-Album voller Spiellust und Energie in die Musikwelt startet.
Credits:
Produced by Andreas Brandis & David Helbock
Recorded on May 20th and 21st at Wavegarden Studio, Mitterretzbach, AustriaRecorded and mixed by Werner AngererMastered by Klaus ScheuermannCover art (detail) by Tanka Fonta The Meditative Movements; The Dawn Incantations III (2024) Acrylic on canvas,160 cm x 120 cmDesign by Siggi Loch
David Helbock - Austrian SyndicateCD / Vinyl / digital
David Helbock rhodes, synthesizers & effects Peter Madsen piano Raphael Preuschl bass & bass ukulele Herbert Pirker drums Claudio Spieler percussion Guests: Alex Acuña percussion Lakecia Benjamin saxophone Maria João voice Fred Wesley trombone Dhafer Youssef voice
Austrian Syndicate – sofort werden Assoziationen wach zum berühmtesten und einflussreichsten Österreicher im Jazz: Joe Zawinul. Aber das neue Projekt des Tastenspielers David Helbock ist viel mehr als nur eine Reminiszenz. Es ist Rückbesinnung auf die Wurzeln und ihre Fortentwicklung, stilistische Neuausrichtung und Bündelung der Kräfte sowie weltmusikalische Öffnung. Oder wie Helbock schlicht selbst sagt: „Eine Herzensangelegenheit“. Als Syndikatsmitglieder hat er die beste Rhythmusgruppe, die Österreich zu bieten hat, gewinnen können: Raphael Preuschl an Bass und Bass-Ukulele, den Schlagzeuger Herbert Pirker und den Perkussionisten Claudio Spieler. Ein prominenter Wahlösterreicher aus Amerika komplettiert das Quintett: Pianist Peter Madsen. Und wäre diese österreichische Supergroup nicht schon genug, beehren die Star-Gäste MariaJoão, Fred Wesley, Dhafer Youssef, Alex Acuña und Lakecia Benjamin das Austrian Syndicate.Ganz im Geiste von Zawinul, dem Pionier des Einsatzes elektronischer Tasteninstrumente und den Großmeister des Fusion-Jazz – ob bei Miles Davis, Weather Report oder dem eigenen, dann auch den World-Jazz mit ins Rampenlicht stellenden Zawinul Syndicate – ist David Helbock auf „Austrian Syndicate“ erstmals nur an elektronischen Tasteninstrumenten zu hören. Den Platz am Klavierhocker überlässt er voll und ganz Peter Madsen. „Ich habe quasi alles von ihm, was ich über Musik und Jazz weiß“, sagt Helbock über seinen einstigen Lehrer, Mentor und heutigen Freund. Ein wahrer, aber viel zu oft als Geheimtipp gehandelter, Klavier-Hero, der schon 1987 mit Stan Getz auf Welttournee ging und seitdem mit dem “Who is Who” der Jazzszene gespielt hat – ob mit traditionellen Musikern wie Benny Golson oder Stanley Turrentine, Modern-Jazz-Größen wie Chris Potter, Joe Lovano oder Kenny Garrett, Free-Jazzern wie Dewey Redman und Don Cherry oder Funketeers wie Fred Wesley und Maceo Parker. 2001 verschlug es Madsen von New York aus nach Österreich, wo er auf den damals 16-jährigen Helbock traf und ihn unter seine Fittiche nahm. Weshalb Madsen bei „Austrian Syndicate“ neben den Klavierparts sozusagen auch die Rolle des zweiten Bandleaders übernommen hat und als Komponist hervorsticht.
Auch Raphael Preuschl und Herbert Pirker sind langjährige Weggefährten von David Helbock und seit über 20 Jahren als eingespieltes Team das gefragteste Bass-Schlagzeug-Gespann in Wien. Preuschl hat sich überdies die ungewöhnliche Bassukulele zu eigen gemacht.
Der ebenso vielseitige Pirker sitzt unter anderem in Österreichs Sensationsband Shake Stew am Schlagzeug. Perkussionist Claudio Spieler hat beim afghanischen Meistertrommler Hakim Ludin studiert und gastiert mittlerweile auf den großen Bühnen mit Konstantin Wecker oder Martin Grubinger.
Schließlich verleihen außergewöhnliche Gäste dem Album internationalen Glanz und weltmusikalisches Kolorit. Mit dabei sind Portugals große Stimme Maria João; Der Perkussionist Alex Acuña, welcher einst mit Zawinul bei Weather Report spielte; Der gerade erst für sein Album “Streets of Minarets“ gefeierte und vor ausverkauften Häusern spielende tunesische Sänger und Oud-Virtuose Dhafer Youssef; Funk-Mastermind und James-Brown-Weggefährte Fred Wesley; Und die Saxofonistin Lakecia Benjamin, aktuell vielleicht das heißeste Eisen im amerikanischen Jazz-Feuer.So ist es kein Wunder, dass dieses „Austrian Syndicate“ die wohl bunteste, universelle und multinationale Musik präsentiert, die Helbock bisher eingespielt hat. Schon der Einstieg mit Zawinuls „Money in the Pocket“ ist ein wilder Ritt durch elektronisch überwölbte, von Alex Acuña angetriebene und zwischendurch von einer Groove-Passage unterbrochenen, Latin-Rhythmik. Die von Helbock, Madsen und Dhafer Youssef improvisierten, ineinander übergehenden Wien-Reminiszenzen „Hymn to Vienna“ und Madsens „The Third Man“ bewegen sich von geheimnisvollen Arabesken zu einem klassischen Fusion-Stück. Auf seiner „Ballad for Schönenbach“ lässt Helbock den Synthesizer wie eine Panflöte klingen, auf „Grundbira Dance“ wiederum im Kontrast zu indischem Konnakol-Sprechgesang nach Tangerine Dream und Genesis. „The Ups and Downs“ erinnert an den Acid-Jazz der Neunzigerjahre, auch dank Lakecia Benjamins großartigem Saxofon. Sphärisch schwebt „Adventure“ daher, der Funk dominiert bei Preuschls Stück „Dinde et Dindon“ und mischt sich bei Fred Wesleys Posaunen-Solo auf „Crimson Woman“ mit Prog-Rock-Gebilden a la King Crimson. Lyrisch und ruhig wird es bei Madsens „We Need Some Help Down Here“, während sein „Nuyorican“ dann als Latin mit gehöriger Groove-Infusion daherkommt. Noch extravaganter geht es ins Finale, wenn Mozarts „Komm, lieber Mai und mache“ durch Maria Joãos verspielte Vokalisen zur afro-karibischen Hymne wird.
Grenzenloser Fusion-Jazz mit unwiderstehlichem Groove – Helbocks „Austrian Syndicate“ steht und spielt für die ganze Welt. Credits:Produced by David Helbock
Nils Landgren - 3 GenerationsCD / Vinyl / digital
Nils Landgren with Joachim Kühn, Michael Wollny, Iiro Rantala, Lars Danielsson, Cæcilie Norby, Viktoria Tolstoy, Wolfgang Haffner, Ulf Wakenius, Jan Lundgren, Ida Sand, Youn Sun Nah, Vincent Peirani, Emile Parisien, David Helbock, Marius Neset, Nesrine, Julian & Roman Wasserfuhr, Anna Gréta, Johanna Summer, Jakob Manz, and many more
We are Family – 30 Jahre ACT
Der Schwede Nils Landgren war und ist das Rückgrat der ACT Familie. Vierzig Alben als Leader und weitere zwanzig als Produzent und Solist sind bisher auf dem Label erschienen. Michael Wollny, der mit Landgren durch viele gemeinsame Projekte verbunden ist, bringt dessen Künstlerpersönlichkeit und eines der entscheidenden Geheimnisse seines Erfolgs auf den Punkt: „Mit Nils wird alles leicht.“ Diese ansteckende Leichtigkeit, welche sich durch das ganze Tun von Mr. Red Horn zieht, ist umso bemerkenswerter, wenn man resümiert, wie viele Rollen er ausübt: Posaunist, Sänger, Bandleader, Produzent, Festival-Leiter, Talent Scout, Professor, Kurator und Mentor. All diese Rollen und damit verbundenen Qualitäten kommen auf „3 Generations“ parallel zum Tragen: Zusammen mit ACT-Gründer und Produzent Siggi Loch bringt Landgren, anlässlich des 30-jährigen Label-Jubiläums, drei Generationen von ACT-Künstler*innen in verschiedenen Besetzungen zusammen. Die Freundschaft und Zusammenarbeit von Landgren und Loch währt fast schon so lange wie das Bestehen von ACT. Im Jahr 1994, nur zwei Jahre nach Gründung, begegneten sich die beiden erstmals auf dem Jazz Baltica Festival. Kurz darauf wurde Landgren exklusiver ACT-Künstler. Über sein Netzwerk kamen in der Folge Künstler*innen wie Esbjörn Svensson, Viktoria Tolstoy, Rigmor Gustafsson, Ida Sand, Wolfgang Haffner und viele mehr zum Label. Die Rolle als Vertrauter und Integrationsfigur für ACT hat Landgren bis heute inne. Das finden und fördern junger Talente war und ist eine Kernkompetenz von ACT. Das galt für Nils Landgren, oder später auch für Michael Wollny, der 2005 zum Label kam und heute zu den wichtigsten Pianisten Europas zählt. Mit Künstler*innen wie Johanna Summer und Jakob Manz, beide noch nicht geboren als ACT gegründet wurde, blickt das Label in die Zukunft, mit einer neuen Generation von Musikern, die der Jazzwelt neue Impulse geben. Die britische Times schrieb: „Seit 1992 hat ACT eine eigene ‘Europäische Union‘ der Musik formiert, die die Freizügigkeit zwischen Nationalitäten und Genres fördert und so einen authentischen Eindruck davon vermittelt, was diesen Kontinent ausmacht.“ An die vierzig Künstler und Künstlerinnen aus dem Kreis der ACT Family untermauern auf „3 Generations“ diese Aussage und machen das Jubiläumsalbum zu einer Feier der Bandbreite, Offenheit und integrativen Kraft des Jazz. Im Mittelpunkt stehen Aufnahmen einer mehrtägigen Studio-Session im Sommer 2022, wie sie wohl nur Nils Landgren und Siggi Loch auf die Beine stellen können. Ein musikalischer Streifzug quer durch Europa, mit Einflüssen aus Jazz, populären Songs, Folk, klassischen Elementen, zeitgenössischer Musik und vielem mehr. Drei Musikergenerationen dokumentieren auf dreißig Stücken dreißig Jahre ACT mit Nils Landgren als Spiritus Rector. Nicht nur eine Retrospektive, sondern vor allem ein Blick in das Heute und Morgen des Entdecker-Labels “in the Spirit of Jazz”.Credits:
Recorded by Thomas Schöttl at Jazzanova Studio, Berlin on June 7 - 9, 2022, assisted by José Victor Torell – except as otherwise indicated Mixed and mastered by Klaus Scheuermann Produced by Siggi Loch and Nils Landgren The Art in Music: Cover Art by Yinka Shonibare CBE: Detail from Creatures of the Mappa Mundi, Mandragora, 2018
Various Artists - Magic Moments 15: In the Spirit of JazzCD / digitalBestes Jazzinfotainment zum 30 jährigen Jubiläum von ACT: 16 Tracks, 65 Minuten Musik in the Spirit of Jazz, u.a. mit Nils Landgren, Emile Parisien & Theo Croker, Iiro Rantala, Vincent Peirani Trio, Michael Wollny Trio, Joel Lyssarides, Jakob Manz & Johanna Summer, uvm.Credits:
Compilation by Siggi Loch
Mastered by Klaus Scheuermann
David Helbock & Camille Bertault - PlaygroundCD / Vinyl
Camille Bertault voice
David Helbock piano, percussion, live-looping, effects
Camille Bertault und David Helbock, zwei Ausnahmekönner des jungen europäischen Jazz erkunden das unermesslich-wundersame Spielfeld des Jazz. Sie ist Frankreichs Rising Star des Jazzgesangs und der Österreicher einer der interessantesten Pianisten des Kontinents. Auf den ersten Blick zwei Persönlichkeiten wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die quirlige, humorvolle Bertault und der besonnene, in sich ruhende Helbock wirken aber nur äußerlich verschieden, denn musikalisch ticken sie gleich: Beide sind sie beispiellos wandelbar und fesselnde Geschichtenerzähler mit einem tiefen Sinn für Klangfarben und großer Lust, die Grenzen ihres Metiers zu sprengen. „Playground“ präsentiert ein wesensgleiches Klavier-Gesangs-Duo, opulent und vielseitig. Angebahnt wurde diese märchenhafte Konstellation 2019 bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen. Getreu dem Festival-Motto „Song Conversation“ war die Vorgabe an die Eingeladenen, sich einen Wunschpartner auszusuchen, mit dem man noch nie gespielt hat. Helbock nannte Bertault, die wiederum den Trompeter Médéric Collignon – also spielten die drei dort erstmals zusammen. Und Helbock und Bertault merkten, wie gut sie harmonierten, wie viel sie gemeinsam haben: Beide kommen sie ursprünglich von der Klassik, Bertault studierte bis zu 20. Lebensjahr ebenfalls Klavier, bevor sie zum Gesang fand; beide lieben sie das ganze Spektrum der Musik und haben die verschiedensten Vorbilder und Favoriten aus allen Genres; beide sind sie Meister darin, deren Kanon kraft ihrer Persönlichkeiten und ihrem eigenen Stil in neuem Licht erstrahlen zu lassen. Schnell war den beiden also klar, dass sie ihre Zusammenarbeit ausbauen würden. Wegen der vielen Corona-Pausen kam es erst im letzten Sommer beim INNtöne Jazzfestival zur begeistert aufgenommenen Live-Premiere ihres Duos. Die Grundlage für „Playground“: „Wir haben uns wie schon vor Ludwigsburg per E-Mail darüber ausgetauscht, auf was wir Lust haben, welche Stücke wir mögen“, erinnert sich Bertault. „Wir lieben beide Egberto Gismonti, Hermeto Pascoal, Björk und Thelonious Monk. Und wir wollten ein klassisches Stück dabeihaben,“ erzählt Helbock. Und so bilden nun seine Hommage „Para Hermeto“, Gismontis „Frevo“, Björks „New World“, Monks „Ask Me Now“ und Alexander Scriabins Cis-Moll Etüde Op. 2 No. 1 das Grundgerüst des Albums… die Spielwiese, auf der das Duo ihre besonderen Qualitäten ausbreiten können: Camille Bertault ihre einzigartige Kunst der Vokalise, mit der ihre Stimme die Melodie wie ein Instrument trägt, mal artistisch und in rasender Geschwindigkeit, mal ganz sanft und fast nur gehaucht. Aber auch die Passion der charismatischen 35-Jährigen, die ja auch Schauspiel studiert hat, eigene Texte zu schreiben. David Helbock wiederum seine einzigartige Kreativität im Ausnutzen aller Klangmöglichkeiten seines Instruments, indem er nicht nur die Tasten, sondern auch die Saiten des Flügels dämpft und direkt bespielt, den Korpus als Perkussionsinstrument benutzt und die Klänge elektronisch verfremdet. „Erstmals habe ich hier auch viel mit Loops gearbeitet“, ergänzt er. Eine fast orchestrale Begleitung ergibt sich so, die einer besonderen Stimme einen besonderen Rahmen verleiht. „Camille hat oft sehr konkrete Vorstellungen wie ein Stück aussehen und klingen soll. Es macht dann großen Spaß, mit ihr daran zu feilen.“ Voll ausleben konnten die beiden das bei den sieben eigenen Stücken (vier von Helbock, drei von Bertault), die sie eigens für das Album schrieben. Vom skurril bluesigen „Lonely Supamen“ und dem geheimnisvoll dräuenden „Das Fabelwesen“ über das chansoneske „Aide-moi“ bis zum ätherisch-melancholischen „Bizarre“. „Playground“ ist ein Kaleidoskop der Klangfarben und Emotionen, mitreißend, spannend, immer überraschend. Getragen von atemberaubender Gesangs- und Spieltechnik, bei der doch das Wesentliche nie vergessen wird: „Es geht nicht darum, Stärke oder Virtuosität zu zeigen, sondern darum, die Wahrheit des Augenblicks auszudrücken,“ sagt Camille Bertault. Was sie und David Helbock auf jedem Stück spielend einlösen.Credits:
Recorded by Michael Ungerer at Blackbird Music Studio, Berlin, December 15 &16, 2021
Mixed by Michael Ungerer
Mastered by Klaus Scheuermann
Produced by the artists
Various Artists - Magic Moments 14 "In The Spirit Of Jazz"CD / digital„Mehr als jede andere Kunstform berührt Musik die Menschen unmittelbar,“ lautet das Credo von ACT-Gründer Siggi Loch. Seit fast 30 Jahren hat es sich das Label deshalb zur Aufgabe gemacht, die Künstler zu finden und zu fördern, die Geist, Herz und Seele besonders nachhaltig erreichen. Und vielleicht war dies nie wichtiger als jetzt, in Zeiten der Pandemie, des Verstummens der Kultur, der emotionalen Isolation und der virtuellen Realitäten.
„Magic Moments 14“ bündelt mit 16 Interpreten und Titeln aus dem aktuellen ACT-Programm die ganze Kraft der „Music in the Spirit of Jazz“, dieser universellen, für jeden verständlichen Weltsprache jenseits der Worte, die Menschen zusammenbringen, bewegen und begeistern kann. Und macht die Schwerpunkte des erklärten Entdeckerlabels ACT deutlich:
Schon immer lag der Fokus von ACT auf dem europäischen Jazz, der sich auf die eigenen Musiktraditionen besonnen, diese mit den amerikanischen Wurzeln verknüpft und damit neue Wege eröffnet hat. So beginnt „Magic Moments 14“ auch mit einem „Cancon des fuego fatuo“ des jungen spani-schen Pianisten Daniel Garcia, einer faszinierenden neuen Stimme des spanischen Jazz, der die Musik seiner Heimat neu aufgreift. Und mit dem umwerfenden Debüt der bekannten österreichischen Schauspielerin Birgit Minichmayr, die sich mit einem Shakespeare-Sonnet zusammen mit den Weltmusikern von Quadro Nuevo und dem Early-Jazz-Spezialisten Bernd Lhotzky als grandiose, moderne Jazz-Diseuse vorstellt. Weitere Beispiel für neue strahlende Sterne am europäischen Musikhimmel sind die französisch-algerische Cellistin und Sängerin Nesrine oder das neue Trio des österreichischen Pianisten David Helbock.
Nicht fehlen dürfen die, mit denen es angefangen hat und die ACT zum führenden Label für schwedischen Jazz gemacht haben: Posaunist Nils Landgren steuert einen neuen Streich seiner Funk Unit bei, mit der er dem schwarzen Soul-Jazz seit vielen Jahren ein europäisches Gesicht gegeben hat. Bassist Lars Danielsson zelebriert mit „Cloudland“ von seinem neuen Liberetto-Album wieder die Verbindung von Klassik, Jazz und Nordic Sound. Ida Sand knüpft an die Tradi-tion skandinavischer Sängerinnen an, die das Songbook der Welt mit ihrem Soul „in the Spirit of Jazz“ bereichern. Und zum Album-Abschluss untermauern Pianist Jan Lundgren und Lars Danielsson zusammen mit dem französischen Neu-definierer des Sopransaxofons Emile Parisien den Anspruch einer europäischer Kunstmusik mit schwedischem Akzent. Nicht zuletzt hat ACT als eines der ersten wichtigen Labels auch den aktuellen deutschen Jazz gefördert. Von der enormen Entwicklung zeugen auf „Magic Moments 14“ so viele Künstler wie nie: Der Passauer Violinist Florian Willeit-ner; der in der süddeutschen Szene kometenhaft aufgestiegene Gitarrist Philipp Schiepek; die alle Grenzen sprengende Band KUU! der – wie Minichmayr vor allem als Schauspiele-rin bekannten - Sängerin Jelena Kuljic; natürlich die Jazzrausch Bigband, die mit ihrem TechnoJazz weltweit aufhor-chen lassen, oder die neuen preisgekrönten Shootingstars am Klavier Johanna Summer und Vincent Meissner.
Summer und Meissner stehen, wie Garcia, Lundgren und Helbock, gleichzeitig für das besondere Augenmerk, das ACT immer auf die besten Pianisten Europas gelegt hat. Und so runden zwei andere die „Magic Moments 14“ ab, die zu-gleich die wohl international bedeutendsten sind: der 77-jährige, immer noch vor Tatendrang strotzende Joachim Kühn und sein legitimer Erbe Michael Wollny, hier in seinem neuen All-Star-Quartett XXXX mit Emile Parisien, Tim Lefebv-re und Christian Lillinger (soeben mit mehreren Deutschen Jazzpreisen dekoriert, darunter einer für KUU!) zu erleben. So ergibt „Magic Moments 14“ eine Quintessenz dessen, was genreüberschreitender, innovativer Jazz aktuell zu bieten hat. Ein mitreißendes, berührendes, Begegnung und Ge-spräch suchendes Heilmittel gegen die Geißeln unserer Zeit. Credits:
Compilation by Siggi Loch Mastered by Klaus Scheuermann
David Helbock - The New CoolCD / Vinyl / digital
David Helbock piano Sebastian Studnitzky trumpet Arne Jansen guitar
„Ich habe mich nach musikalischer Entschleunigung gesehnt“, sagt David Helbock, als er über sein neues Trio mit Arne Jansen und Sebastian Studnitzky spricht. Was er meint, wird klar, wenn man auf sein vorheriges Projekt zurückschaut, Random Control: „Mit unzähligen Instrumenten haben wir hier hantiert, sie während der Stücke mehrfach gewechselt und viele Noten gespielt. Das war oft ziemlich wild.“ Und das neue Trio? „Da geht es darum, Stimmungen zu kreieren und um Emotionen. Emotionen sind das wichtigste in der Musik.“ Es gibt aber noch weitere Unterschiede. Hatte sich der österreichische Pianist für seine früheren Projekte stets mit Musikern aus seiner Heimat umgeben, hat er sich nun mit Gleichgesinnten aus Berlin zusammengetan, die wie Helbock in der Jazz-Hauptstadt gestrandet sind. Jansen stammt ursprünglich aus Kiel. Das gelassene norddeutsche Gemüt hört man seinem Spiel an: „Arne ist immer total auf die Musik fokussiert. Er ist ein sehr einfühlsamer und feinsinniger Spie-ler.“ Studnitzky kommt ursprünglich aus dem Schwarzwald. Helbock liebt an ihm besonders den „luftigen Ton“ und den Farbenreichtum seiner Trompete. Wie fügt sich das zusammen? „Wir alle drei sind Melodie-Spieler. Wir wissen aber auch, wann man sich zurücknehmen sollte, um dem anderen Raum zur Entfaltung zu geben.“
Es wäre aber ein Trugschluss, den elegischen Sound des Albums auf die Corona- Pandemie zurückzuführen, während der es eingespielt wurde. Bereits ein ganzes Jahr vor der Aufnahmesession haben Helbock und Produzent Siggi Loch das Projekt geplant und Ideen ausgetauscht.
Lochs Faszination für den Cool Jazz der 1950er Jahre und „wie er wieder ein breiteres Publikum für den Jazz fand“ waren der Motor zur Entstehung des Albums. Und so finden sich in der Musik zahlreiche Referenzen und Verbindungen zu dieser Zeit. Trotzdem verharren die drei Protagonisten nicht in Nostalgie, sondern schaffen eine moderne Übersetzung der Cool-Ästhetik in die Jetztzeit.
Obwohl die Stimmung von „The New Cool“ vornehmlich lyrisch und schwebend ist, ist doch die Palette an Ausdrucksweisen auf dem Album überraschend breit. So steht das filigrane Pianointro von „I Feel Free“ in starkem Kontrast zu der hymnischen Steigerung, die das Trio bei „Angel Eyes“ erreicht. In seinen Kompositionen erzählt Helbock musikali-sche Geschichten: Die “Hymn for Sophie Scholl” ist berüh-rend-elegisch und „Truth“ hätte auch als Soundtrack in ei-nem Film seine Berechtigung. Zum ersten Mal hat Helbock auch auf ein Stück („Surrounded by the Night) seines lang-jährigen Lehrers, dem amerikanischen Pianisten Peter Madsen, der ausgiebig mit Stan Getz tourte und auch Maria Schneider unterrichtet hat, zurückgegriffen. Helbock wurde inspiriert vom innovativen Spielkonzept eines Lennie Tristanos. Die Verbundenheit mit diesem Cool-Jazz-Helden sitzt tief. Es sei die Aufgabe des Jazzmusikers, zu fühlen, hat dieser seinerzeit gepredigt. Eine Maxime, die sich Helbock, Jansen und Studnitzky auf „The New Cool“ zu Herzen nehmen: Hier kommt die Musik tief aus dem Innersten der Akteure. Es ist eine ganz natürliche Art des Musizierens, wo es nur darum geht, zu Sein.
Various Artists - Romatic Freedom - Blue in GreenCD / digitalAls Siggi Loch 1992 ACT gründete, war seine Leitlinie, eine Plattform und einen Kom pass für den neuen, die alten Genregrenzen sprengenden Jazz zu schaffen, wie er sich insbesondere in Europa entwickelte. Wegen seiner Liebe zur Klaviermusik standen hier von Anfang an besonders die Pianisten im Fokus, die in der Reihe „Piano Works“ präsentiert wurden. Schon bald darauf erkannte die bedeutende britische Tageszeitung „The Guardian“: „ACT ist auf einer Mission, der Welt Europas aufstrebende Jazzpianisten vorzustellen.“ 2006 erschien gewissermaßen eine Quersumme dieser Labelmission: „Romantic Freedom“, eine Zusammenstellung mit Soloaufnahmen von zwölf herausragenden, ACT verbundenen Pianisten. Vierzehn Jahre später ist es jetzt höchste Zeit für eine neue Bestandsaufnahme, mit „Romantic Freedom – Blue in Green“.
Dass „Blue in Green“ aus Miles Davis‘ bahnbrechendem „Kind of Blue“-Album von 1959 den Namenspatron für diese Quintessenz der aktuellen Piano-Szene abgibt und gleich zu Anfang in der schillernden Version von David Helbocks Trio „Random Control“ erklingt, ist kein Zufall: Das refrainlose, modale, von der Harmonik wie Timing revolutionär variable Stück wurde zur Blaupause für experimentelle improvisatorische Exkurse. Nicht nur dafür gibt es hier das Motto vor, es steht als lyrischstes Stück von „Kind of Blue“ auch wieder für die balladeske Seite des Klavierjazz, für „Romantic Freedom“ eben. Fast zwangsläufig folgt deshalb „Believe, Beleft, Below“ des Esbjörn Svensson Trios, ein bewegender Geniestreich, der heute fester Bestandteil des „Great European Songbooks“ ist. Kurz vor Schluss des Albums erklingt sozusagen eine Reprise auf den großen Erneuerer des europäischenJazz, mit Iiro Rantalas Hommage an Svensson: „Tears For Esbjörn“.
Waren 2006 ausschließlich Solostücke vertreten, bilden auf Rom antic Freedom – Blue in Green“ Trioaufnahm en das Gerüst: Die neoromantische Finesse eines Michael Wollny Trios bei „Little Person“, das moderne Fusion-Gewand der „Bubbles“ des Jacob Karlzon Trios, das unverwechselbare Klangbad aus Stakkato und Legato des unermüdlichen Klavier-Pioniers Joachim Kühn mit seinem „New Trio“ bei „Sleep On It“, das Verschmelzen kammermusikalischer und freier Improvisationstraditionen beim Carsten Dahl Trio auf „Sailing with No Wind“, oder der ätherische-sphärische Umgang mit dem Filmmusik-Klassiker „The Windmills of Your Mind“ von Jan Lundgrens „Mare Nostrum“-Trio mit Paolo Fresu und Richard Galliano, all das alles ist Ausdruck und Beweis des enormen Aufschwungs und der kreativen Vielfalt der klassischen Klaviertrio-Besetzung. Aber auch die Duette von Michael Wollny & Nils Landgren (mit ihrer hinreißenden Version von Stings „Fragile“), von Leszek Możdżer & Lars Danielsson („Praying“) oder von Bugge Wesseltoft & Henning Kraggerud (mit dem das Album in vollendetem Schönklang abschließenden „Last Spring“) belegen, dass der europäische Jazz sich zur „Musique Actuelle“ entwickelt hat, die in der Gleichzeitigkeit nahezu aller Musiken der Welt neue ästhetische Positionen findet, und deren Pianisten das ganze Klangspektrum ihres Instruments nutzen. Dazu passt auch, dass sich die zwei verbleibenden Solostücke des Albums auf klassische Vorlagen beziehen: David Helbock destilliert am präparierten Flügel die Jazz-Essenz aus dem berühmten zweiten Satz aus Beethovens Siebter Sinfonie. Und Johanna Summer, das wohl größte junge Talent unter den deutschen Jazzpianisten lässt sich von Schumanns „Von fremden Ländern und Menschen“ zu einem fulminanten Meisterwerk des „instant composings“ inspirieren.
So wächst auf Romantic Freedom – Blue in Green“ zusammen, was zusammengehört. Tradition und Innovation. Freiheit und Form Schönheit und Emotion. Selten war es berührender, den Fortschritt des europäischen Jazz zu hören als hier, gebündelt in den großen Persönlichkeiten der ACTPianisten und ihrer Begleiter.Credits:
Curated by Siggi Loch Mastered by Klaus Scheuermann
David Helbock - Playing John WilliamsCD / Vinyl / digital
David Helbock piano Von E.T. über Harry Potter bis hin zu Jurassic Park - große Filmmusik alleine am Klavier. Der österreichische Jazzpianist David Helbock interpretiert Musik des mehrfachen Oscar und Grammy prämierten US-amerikanischen Filmkomponisten John Williams.
Es gibt Musik, die lässt einen im Leben nicht mehr los. Sie berührt so stark, dringt tief in einen ein und bleibt unauslöschlich im Gedächtnis haften. Oft kommen außermusikalische Ereignisse hinzu, die sich mit dem Hörerlebnis verknüpfen und die Erinnerung noch fester zementieren. So erging es auch David Helbock als er das Kino für sich entdeckte und hier der Musik von John Williams begegnete. „Er begleitet mich bereits mein ganzes Leben. Ich bin ein großer Star Wars Fan und kann mich auch noch genau erinnern, wie ich als Kind unzählige Male den Film „E.T.“ gesehen und mit dem außerirdischen Wesen und seinen menschlichen Freunden mitgefiebert habe. Oder an „Jurassic Park“, mein erster Kinobesuch ohne Eltern. Auch das Wechselbad der Gefühle zwischen Faszination und Angst werde ich nicht vergessen, als ich den „Weißen Hai“ erstmals schaute. All das waren tief emotionale und prägende Erlebnisse für mich und verantwortlich dafür war auch immer der Soundtrack zu den Filmen.“ Aber was macht die Wirkung von John Williams aus, sodass einem unweigerlich die Musik in den Kopf kommt, wenn man über die Filme spricht, die er als Komponist mitgeprägt hat? Helbock erklärt: „Natürlich ist seine Musik in den Filmen letztendlich aufgeblasen und toll orchestriert, aber im Kern ist John Williams vor allem ein großer Melodienschreiber. Diese treffen mitten ins Herz und lösen die Emotionen aus. Nehmen wir Hedwig´s Theme“ aus Harry Potter, eine simple, aber ungemein tiefgehende Melodie. Oder auch das ergreifende Thema zu Schindlers Liste. Für mich ist Williams deshalb auch ein Filmkomponist der alten Schule, wenn man ihn mit moderneren Komponisten wie Hans Zimmer vergleicht, die viel weniger auf musikalische Komposition, sondern mehr auf Soundeffekte und Show setzten.“ Eine Anekdote verdeutlicht anschaulich, wie sehr Williams bestrebt war, die Essenz eines Films ebenbürtig durch Musik auszudrücken. „Weil er von „Schindlers Liste“ so sehr beeindruckt war, traute er sich zunächst nicht, für den Film zu komponieren. Er befürchtete, dass seine künstlerischen Fähigkeiten für diesen seiner Meinung nach großartigen Film nicht ausreichen würden. Daher ging Williams auf Regisseur Steven Spielberg zu und sagte zu ihm: „Steven, du benötigst einen besseren Komponisten, als ich es bin.“ Daraufhin antwortete der Regisseur: „Ich weiß! Aber die sind alle tot.“ Ermutigt durch diesen Satz schritt Williams zur Tat und komponierte das musikalische Thema des Films. Unvergessen ist auch die Musik zum „Weißen Hai“. Einfach, aber mit großer Wirkung, wie David Helbock findet: „Man sieht ja nicht wirklich viel Grauenvolles in diesem Film, im Vergleich zu den Horrorfilmen von heute. Aber die Musik macht es eben so ungeheuer spannend. Es sind eigentlich nur zwei Töne in einem stetigen Rhythmus, aber immer wenn dieser Rhythmus kommt, verfällt man in Aufregung.“ „Ich habe alles Mögliche mit John Williams Musik gemacht, sie reharmonisiert, andere Taktarten verwendet und vieles mehr, um so natürlich auch meine eigene Stimme miteinfließen zu lassen“, erzählt David Helbock über den Schaffensprozess. „Aber bei allen Änderungen bleibt die Melodie immer dieselbe und so bleibt der Wiedererkennungseffekt erhalten. Viel passierte bei den Bearbeitungen intuitiv und ist von den Emotionen gelenkt, die die jeweiligen Filme in mir auslösen. Ich habe mir also die Hauptmelodien aufgeschrieben, dann zuerst die Filme angeschaut, bevor ich schließlich improvisatorisch am Klavier meine Versionen entwickelt und langsam erweitert habe.“ Die Musik von John Williams solo am Klavier im Jazz-Gestus – in mehrerer Hinsicht passt dies zusammen: So besitzt der Filmkomponist selbst Jazzwurzeln. Während seines Klavierstudiums an der Juilliard School in New York hat er nebenbei in den dortigen Bars Jazz gespielt. Diese Prägung hört man bis heute, zum Beispiel in „Moonlight“ aus dem Film Sabrina, ein waschechter Jazzsong. Zum anderen: „Natürlich hat Williams sich dann recht schnell zum klassischen Orchesterkomponisten entwickelt, aber für mich ist das Klavier an sich schon ein ganzes Orchester mit einem Füllhorn an Klangmöglichkeiten. Noch mehr, wenn ich meine Inside-Piano-Techniken einsetze, also Saiten mit der Hand abdämpfe, Akkorde auf den Saiten streiche oder das Innere des Klaviers als Perkussionsinstrument verwende“, schildert Helbock, dass Klavier und Orchester gar keine so großen Gegensätze sein müssen, wie man denken mag. Und so spielt der „Geschichtenerzähler am Klavier“ (3sat) einen ganz anderen John Williams als wir es aus dem Kino gewohnt sind, bleibt im Kern aber dennoch ganz beim Großmeister der Filmmusik selbst. Credits:
Music composed by John Williams Produced by Siggi Loch Recorded, mixed & mastered by Klaus Scheuermann Recorded at the ACT Art Collection Berlin, May 10, 2018 Cover art by Rainer Fetting, Der Pianist, 1983, ACT Art Collection
Magic Moments 1167 Minuten pures Hörvergnügen: Die elfte Ausgabe der beliebten Magic Moments bietet einen umfassenden Einblick in unsere neusten ACT-Veröffentlichungen mit Newcommern, ACT-Stars und echten Geheimtipps zum Sonderpreis. Unter anderem mit Michael Wollny, David Helbock, Vincent Peirani, Iiro Rantala, Joachim Kühn New Trio, Ida Sand, Lars Danielsson & Paolo Fresu und vielen mehr.Credits:Compilation by Siggi Loch Mastered by Klaus Scheuermann
David Helbock - Tour d´Horizon - from Brubeck to ZawinulCD / digital
David Helbock piano, electronics & percussion Andreas Broger saxophones, clarinets & various reed instruments Johannes Bär tuba, trumpet & various brass instruments David Helbock ist ein „konsequenter Spurensucher am Puls der Zeit“ und „begnadeter Geschichtenerzähler am Klavier“ (3sat Kulturzeit). Bereits auf seinem ACT-Debüt „Into the Mystic“ hat der Österreicher bekannten Kompositionen einen neuen, persönlichen Stempel aufgedrückt: von Beethoven über Thelonious Monk bis zu John Williams schlug er damals den Bogen rund um Sagen, Mythen und Spirituelles.Bei seinen neuen Exkursionen konzentriert sich Helbock mit dem Random / Control Trio ganz auf seine musikalischen Vorbilder am Klavier. Sein neues Album ist eine „Tour d’Horizon“ - so auch der Titel – zu den Granden des Jazzpianos: „Ich habe dafür Stücke von meinen Lieblingspianisten ausgesucht, von denen, die meinen musikalischen Horizont erweitert haben“, erklärt er. Der weite Bogen seiner 12 Standard-Interpretationen reicht vom klassischen spanischen Komponisten Joaquín Rodrigo und dessen legendärem zweiten Satz des „Concierto de Aranjuez“ - was daran erinnert, dass auch Helbock von der Klassik kommt – bis zu Carla Bley, die mit ihrem aus nur einem melodischen Fragment bestehenden „Utviklingssang“ bewiesen hat, dass sie „eine völlige Meisterin darin ist, einfache, aber geniale Melodien zu erschaffen, die im Ohr des Hörers bleiben und augenblicklich eine Stimmung bei ihm erzeugen“, wie Helbock es beschreibt. Beim Thema Songwriting kam er an zwei Kollegen nicht vorbei, die jeweils die stilprägendsten Komponisten ihrer Zeit waren: Duke Ellington natürlich, dessen „In A Sentimental Mood“ für Helbock „in der Mitte zwischen seinen Epoche-machenden Suiten und seinen tanzbaren Chart-Hits steht und sich deshalb als gute Wahl anfühlte.“ Und der vor genau zehn Jahren viel zu früh gestorbene Esbjörn Svensson, dessen neues Mischungsverhältnis zwischen Dynamik, Groove und Melodik - hier von Helbock mit „Seven Days of Falling“ eindrucksvoll vor Augen geführt - geradezu eine neue Jazzschule begründet hat. Es ist auch jener Pianist vertreten, den Helbock gewissermaßen mit der Muttermilch aufgesogen hat: „Zu Keith Jarrett habe ich eine besondere und besonders emotionale Beziehung“, berichtet er. „Meine Mutter hörte seine Musik ständig während ihrer Schwangerschaft. Deshalb vermute ich, dass das erste Stück, das ich überhaupt hörte, bevor ich überhaupt geboren war, „My Song“ gewesen sein muss.“: „Zu Keith Jarrett habe ich eine besondere und besonders emotionale Beziehung“, berichtet er. „Meine Mutter hörte seine Musik ständig während ihrer Schwangerschaft. Deshalb vermute ich, dass das erste Stück, das ich überhaupt hörte, bevor ich überhaupt geboren war, „My Song“ gewesen sein muss.“ Herbie Hancocks „Watermelon Man“ wiederum steht für Helbocks musikalisches Erwachen als Teenager: „Eine Greatest Hits-Compilation von ihm war das erste Album, das ich mir selbst gekauft habe.“ Joe Zawinul darf ebenfalls nicht fehlen, ist er doch als Österreicher, der die Jazzwelt eroberte, ein strahlendes Vorbild. Mit Miles Davis‘ „Blue In Green“ und Paul Desmonds „Take Five“ finden sich schließlich sogar zwei Stücke, die nicht von Pianisten komponiert sind. Aber die doch untrennbar mit den Tasten-Großmeistern der sie zuerst einspielenden Bands verbunden sind: mit Bill Evans und Dave Brubeck. „Covern“ wäre nun freilich das Letzte, was einem zu Helbocks Adaptionen einfiele. Zu eigenwillig ist sein Zugriff auf die Klassiker der Jazzpiano-Geschichte. Was bei der Besetzung beginnt: Helbock vertraut das Projekt seinem schlagzeuglosen Random / Control Trio mit den beiden multiinstrumentalen Bläservirtuosen Andreas Broger und Johannes Bär an. Die Vorarlberger Freunde haben sich bereits beim Holstuonarmusigbigbandclub (HMBC) bis in die Pop-Hitparaden hinein einen Namen als humorvolle Klanganarchisten gemacht. Eine Anarchie, die die beiden Ein-Mann-Orchester freilich stets – zum Beispiel auch in Bands von Matthias Schriefl oder Phil Yeager – einem Plan, einem Arrangement folgen lassen. Was auf „Tour d’Horizon“ schon zum Einstieg mit Abdullah Ibrahims vor Lebensfreude platzenden „African Marketplace“ mustergültig vorgeführt wird: Mit insgesamt über 20 Instrumenten vom Didgeridoo bis zur Tuba wird der Titel beim Wort genommen, und auch Helbock nutzt nicht nur die Tasten, sondern auch direkt die Saiten und perkussiv den Holzkorpus des Flügels.Schrille Flöten, beatboxende Stimmen oder Synthesizersounds, die drei Wirbelwinde nutzen alles Denkbare und mehr bei ihrem mitreißenden Parforceritt durch Helbocks ganz persönliche Musikgeschichte. Einmal mehr entfacht diese „Tour d’Horizon“ mit dem Jazz-Spirit das Glimmen der Tradition zu einem strahlenden Leuchtfeuer für die Zukunft.Credits:
Recorded by Klaus Scheuermann at Hansa Studios Berlin, December 11 & 12, 2017 Mixed and mastered by Klaus Scheuermann in February & March 2018 Produced by Siggi Loch Cover art by Paul Quick Rhapsodie VI, 2017, ACT Art Collection
Various Artists - Magic Moments 9 "In The Spirit of Jazz"CD / digitalDie neunte Ausgabe der beliebten Magic Moments-Compilations liefert wieder neuen musikalischen Nährstoff für offene Ohren: Eine illustre Leistungsschau und bestes Jazz-Infotainment durch das aktuelle ACT-Programm. Für Jazzkenner wie für Neueinsteiger bietet die handverlesene Zusammenstellung 65 Minuten hochkarätigen Hörgenuss. Musik ohne Grenzen „in the spirit of Jazz“: Musik fernab eines festgelegten Stils mit etablierten Jazzstars, Newcomern und Geheimtipps.
„Jazz ist die Freiheit, viele Formen zu haben.“ Dieses Credo Duke Ellingtons prägt auch das Selbstverständnis von ACT. So liegt der Fokus in dieser Ausgabe insbesondere auf Projekten, die nach den Grenzen zu anderen Genres und Stilen tasten, diese überschreiten und Neues schaffen. Eine sinfonische Interpretation des e.s.t.-Stücks „From Gagarin’s Point Of View“ eröffnet mit einer eindrucksvollen Hommage an den verstorbenen Pianisten Esbjörn Svensson. Mit seinem Projekt „Some other time“ blickt Nils Landgren über den großen Teich und setzt mithilfe der Bochumer Symphoniker dem großen Leonard Bernstein ein Denkmal: „Das hätte dem Großmeister bestimmt gefallen“ (Stern). Jan Lundgren ehrt mit klassischem Streichquartett und „Lycklig resa“ einen der Vorreiter des schwedischen Jazz, Jan Johansson.
„ACT ist auf einer Mission, der Welt Europas aufstrebende Pianisten vorzustellen“, stellte der englische Guardian vor einigen Jahren fest. Diesem Bestreben geht ACT auch in diesem Jahr nach: Einen Einblick in das neue Album von Michael Wollny im Duo mit dem Akkordeonisten Vincent Peirani gibt „The Kiss“. Außerdem werden zwei pianistische Neuzugänge bei ACT präsentiert: David Helbock aus Österreich mit „The Soul“ und der aus Martinique stammende Grégory Privat mit „La Maga“.
Doch auch zwei renommierte Pianisten sind vertreten: Altmeister Joachim Kühn interpretiert im Trio mit den „jungen Wilden“ Eric Schaefer (dr) und Chris Jennings (b) auf erfrischende Weise „Sleep on it“, eine Reggae-Dub-Nummer von „Stand High Patrol“. Iiro Rantala überzeugt im „Super-Trio“ mit Lars Danielsson und Peter Erskine mit finnischer Leichtigkeit durch Kenny Barrons „Voyage“.
„Hier wird Jazzgeschichte geschrieben”, schrieb der Berliner Tagesspiegel über die Konzertreihe „Jazz at Berlin Philharmonic“. Zwei weitere denkwürdige Konzertabende im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie wurden auf CD verewigt und sind auf Magic Moments 9 vertreten: „Tears For Esbjörn“, ein gemeinsames Erinnern an Esbjörn Svensson in ACT-Starbesetzung und „Celtic Roots“, eine folkloristische Spurensuche nach den keltischen Einflüssen im Jazz.
Besonders die Abbildung des Klangs Europas ist die Aufgabe von ACT. So wurde zum Beispiel nach sieben Jahren die zweite Ausgabe des Erfolgsprojekts „Mare Nostrum“ eingespielt: Bei „Kristallen den fina“ verschmelzen Jan Lundgren und Paolo Fresu die Musikkolorite Schwedens und Italiens auf bezaubernde Weise. Das außergewöhnliche Aufeinandertreffen der beiden Gitarristen Gerardo Núñez aus Spanien und Ulf Wakenius aus Schweden zeigt mit „Mirlo“ zu was interkultureller musikalischer Austausch im Stande ist. Das spontane Zusammenspiel der Skandinavier Lars Danielsson (b), Marius Neset (sax) und Morten Lund (dr) als „akustisches Trio mit explodierender Spielfreude“ (Spiegel Online) offenbart sich in „Folksong“. Auch der finnische Jukka Perko und die neue Stimme aus Frankreich Lou Tavano tragen zum europäischen Sound-Profil von ACT bei.
Berauschend und berührend, unterhaltend und anregend sind die Magic Moments 9 eine Momentaufnahme des europäischen zeitgenössischen Jazz und ein Blick darüber hinaus.
Credits:
Compilation by Siggi Loch Mastered by Klaus Scheuermann
David Helbock - Into the MysticCD / digital
David Helbock piano Raphael Preuschl bass ukulele Reinhold Schmölzer drums
Mystische Spurensuche „Kein Musiker erfindet wirklich etwas ganz Neues. Jeder nimmt Ideen und gibt seine dazu. Dadurch entsteht im Idealfall Spannendes“, sagt David Helbock. Der 32-jährige Jazzpianist gehört zu der Generation junger Jazzmusiker, die die Grenzen ihres Metiers sprengen, die das musikalische Verständnis von alt und neu, von Komposition und Improvisation, von Stil und Persönlichkeit radikal verändern und ihren eigenen Weg gehen.
„Heutige Jazzmusiker nehmen oft Popsongs als Basis. Aber es ist egal, ob das, was du coverst, seinen Ursprung in Pop, Klassik, Weltmusik oder sonst etwas hat. Es kommt darauf an, was du daraus machst.“ Dass es Gewicht hat, was Helbock aus seinen Vorbildern und Eingebungen macht, hat die Presse längst erkannt, die ihn als „gewieften Sound-Tüftler und konsequenten Spurensucher am Puls der Zeit“ (3sat Kulturzeit) oder als „Shooting-Star der europäischen Szene“ (Süddeutsche Zeitung) feiert; und das zeigt nun auch sein ACT-Debüt „Into the Mystic“.
Für seine Musik zapft David Helbock die unterschiedlichsten Inspirationsquellen an, vom Alltag über die Natur und die verschiedensten musikalischen Einflüsse bis zu Texten aller Art. „Schon immer beeinflussten außermusikalische Lebenserfahrungen meine Kompositionen. Ein paar interessante Noten aneinandergereiht, das reicht irgendwie nicht“, befindet er. Eine Einstellung, die seine Musikerbiographie durchzieht: Aus dem österreichischen Vorarlberg stammend begann Helbock im Alter von sechs Jahren mit dem Klavierspielen. Zwar besuchte er bereits mit zwölf das Jazz-Seminar in Dornbirn, sein Studium machte er aber im klassischen Konzertpianistenfach, das er ebenso mit Diplom abschloss. „Danach hatte ich mit dem New Yorker Pianisten Peter Madsen einen wahnsinnigen, idealen Jazz-Lehrer, der mich mit allem Möglichen an Musik-Stilen, Kunst und Philosophie fütterte, aus dem ich mir intuitiv das für mich Passende heraussuchte“, erinnert sich Helbock. Diesen wahren Geist der Improvisation, das Freie, Eigene aus klaren, durchdachten Strukturen zu schöpfen, exerzierte er danach in den verschiedensten Formen durch.
Kaum ein anderer Pianist hat dabei in jungen Jahren eine ähnlich hohe Schlagzahl vorgelegt. 2010 etwa veröffentlichte er sein 600-seitiges „My Personal Realbook“, eine Art musikalisches Tagebuch, für das er ein Jahr lang jeden Tag ein Stück komponierte. Und schon bis 2013 hatte Helbock mehr als zehn Alben in den verschiedensten Besetzungen eingespielt: Vor allem mit seinem humorvoll zwischen allen Stilen irrlichterndes Trio Random/Control mit den multiinstrumentalen Bläsern Johannes Bär und Andreas Broger sorgte er für Furore.
Nun aber fand es der musikalische Geschichtenerzähler Helbock an der Zeit, all dies zu bündeln und auf den mystischen Kern des Musizierens selbst zu reduzieren. Im eingespielten Trio mit Raphael Preuschl an der seltenen Bass-Ukulele und Reinhold Schmölzer am Schlagzeug geht es auf verschiedenen Ebenen „Into the Mystic“. Mythologien verschiedenster Art, von den altgriechischen Göttersagen und dem Erdmythos bis zu davon durchdrungenen Schrift-, Film- und Kunstwerken, speisen dieses Album thematisch. Anders als viele frühere Projekte Helbocks mit wilden, mitunter auch elektronischen Experimenten sind seine Kompositionen hier eher Traumgewebe – getreu dem Satz des amerikanischen Mythologie-Professors Joseph Campbell: „Mythen sind öffentliche Träume, Träume sind private Mythen“. Campbells Ausführungen zu den universellen Strukturen und den lokalen Besonderheiten von Mythen waren ein entscheidender Einfluss für George Lucas‘ „Star Wars“-Saga - und so bilden vier Stücke Helbocks, die die berühmte Filmmusik von John Williams aufnehmen, quasi das Skelett des Albums.
Um dieses herum spinnen Helbock, Preuschl und Schmölzer feinsinnig und virtuos mystische Geschichten um Götter, Helden und Wunder, mal lyrisch, mal hymnisch, aber stets überraschend. So wie die bewegende Ballade „Eros“, die dem griechischen Liebesgott gewidmet ist. Oder die das Schlichte mit komplexen Ideen aufladende Hommage an sein Vorbild Thelonious Monk „Spiritual Monk“. Oder im schillernd-geheimnisvollen Titelstück. Im vielleicht ergreifendsten Stück „The Soul“ nimmt Helbock eine mystische Erzählung des persischen Sufi-Dichters Hafis aus dem 14. Jahrhundert auf, die beschreibt, wie sich bei der Schöpfung des Menschen die Seele dank der Musik in die Gefangenschaft im Körper des Menschen fügt.
„Musik kann man rational verstehen oder man kann sie einfach emotional lieben. Sie kann uns aber darüber hinaus auf eine mystische Art da ergreifen, wo Worte enden. Es war eines meiner Ziele, dieses Geheimnis der Musik aufzuspüren.“ Was Helbock damit meint, versteht man schon sehr gut bei seinem Solo-Einstieg ins Album, wenn er das ergreifende, Prozessions-artige Thema des zweiten Satzes von Beethovens 7. Sinfonie in ein Wechselspiel aus tiefen Akkorden und abgedämmten Obertönen gießt und so in seiner klanglichen Essenz herausschält. Wie oft auf diesem Album wird da aus Mystischem Magisches.Credits:Music composed by David Helbock, unless otherwise noted Recorded by Klaus Scheuermann at Hansa Studios Berlin, January 11 & 12, 2016. Recording assistant: Nanni Johansson Mixed and mastered by Klaus Scheuermann, May 2016 Produced by Siggi Loch Cover art by Gert und Uwe Tobias, by courtesy of Contemporary Fine Arts, Berlin