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VÖ: 26.02.2021
Genre: Beliebte Alben, Klavier-Jazz Favoriten, ACT Bestseller, Zeitgenössischer Jazz, Piano Jazz
Joachim Kühn / piano
„Vielleicht, wenn ich neunzig bin...“ lautete Joachim Kühns Antwort, als Produzent Siggi Loch ihm vor einiger Zeit vorschlug, ein Balladenalbum aufzunehmen. Der heute 76-jährige, international wohl einflussreichste deutsche Jazzer, scheint ja umso kreativer und produktiver zu werden, je älter er wird. „Mich interessiert nur noch meine Musik“, sagt er im fortgeschrittenen Alter gern, und tatsächlich war er damit ausgiebig beschäftigt, als Loch anfragte, zuletzt mit seinem neuen Duo mit dem jungen polnischen Geiger Mateusz Smoczyński und der Hommage an seinen langjährigen Weggefährten Ornette Coleman. Doch die Balladen-Idee wirkte nach und Kühn öffnete sich schließlich dem Thema. Dass er im Corona-Jahr mehr Zeit denn je in seinem Haus auf Ibiza verbrachte, seinem kreativen Rückzugsort, beflügelte die Sache noch: „Hier kann ich mit meinem wundervollen Flügel und meinem DAT-Recorder einfach eine Aufnahme machen, wenn ich will. Wenn das Gefühl kommt, nehme ich einfach auf“, erzählt Kühn.
Über einen Zeitraum von rund fünfzehn Monaten schickte er rund vierzig Einzelspuren an Siggi Loch. Sozusagen als Destillat ist nun „Touch the Light“ entstanden – ein Balladen-Album, alleine am Klavier. Wobei jedes einzelne der 13 Stücke für Kühn eine besondere Bedeutung hat: „A Remark You Made“ von Joe Zawinul etwa führt ihn zurück zu einem Wendepunkt seiner Karriere: Zawinul war Juror beim Gulda-Wettbewerb 1966 in Wien, bei dem dem damals 22-jährigen Kühn die Flucht aus der DDR gelang. Gato Barbieris Thema aus „Der Letzte Tango in Paris“ erinnert nicht nur daran, dass Barbieri 1972 Kühn für den Soundtrack engagierte, sondern es ist auch eine Melodie, die er später unzählige Male in seinem erfolgreichen Trio mit Daniel Humair und Jean-Francois Jenny-Clark spielen sollte. Und das Allegretto aus Beethovens 7. Sinfonie rückt nicht nur einen Komponisten in den Vordergrund, dessen Musik Kühn immer tief beeindruckt hat, sondern auch die Tatsache, dass seine optische Ähnlichkeit mit Beethoven dazu führte, dass ihm seine Mitmusiker den Spitznamen „Beethoven“ gaben.
Sein eigener Klassiker "Sintra" entstand während eines friedlichen Moments in einem Café im ehemaligen Heiligtum der portugiesischen Könige. Und der jüngst komponierte Titeltrack „Touch the Light“ fängt die Schönheit des Sonnenuntergangs über dem Meer ein, den Kühn oft, am Flügel sitzend, von seinem Musikzimmer aus betrachtet.
Wenn es denn noch eines Beweises bedurft hätte, wie monolithisch und unverwechselbar Joachim Kühn in der Jazzwelt dasteht, „Touch the Light“ liefert ihn. Ganz alleine am Flügel und mit einem auf den ersten Blick stark einschränkenden Thema breitet Kühn einen ganzen Klangkosmos aus. Vom der unbeschreiblichen Zartheit des Anschlags in Beethovens „Allegretto“, dem tröstenden, ruhigen Puls von Mal Waldrons „Warm Canto“, dem sanften Rubato-Fluss im Standard „Stardust“ oder dem zu Tränen rührenden Pathos in „Purple Rain“ von Prince, über die würdevolle Version von Bill Evans' „Peace Piece“ und die lässige Weite von Milton Nascimentos „Ponta de Areia“ (zugleich eine Hommage an die luftige, lyrische Saxofon-Stimme von Wayne Shorter), bis hin zum zur energischen Stakkato-Etüde gewandelten Rhythm & Blues-Klassikers „Fever“ und einer Lehrstunde in Freiheit und Improvisation mit „Sintra“.
So vielseitig und vielschichtig dies ist, so schlüssig und rund ist doch der Bogen, den „Touch the Light“ schlägt. Und so unverrückbar und unverkennbar nach Joachim Kühn klingt jede Note, nach seiner einzigartigen Stilistik und seiner alchemistischen Kunst, den Zuhörer in Atem zu halten. Den großen Freigeist, Improvisator und Harmonik-Revolutionär hat hier die schiere Lust an der Melodie gepackt, an Balladengefühlen. Und so gilt für das gesamte Album, was Kühn für das Titelstück sagt: „Hier steckt eine Menge Liebe drin. Und Freude.“
„Vielleicht, wenn ich neunzig bin...“ lautete Joachim Kühns Antwort, als Produzent Siggi Loch ihm vor einiger Zeit vorschlug, ein Balladenalbum aufzunehmen. Der heute 76-jährige, international wohl einflussreichste deutsche Jazzer, scheint ja umso kreativer und produktiver zu werden, je älter er wird. „Mich interessiert nur noch meine Musik“, sagt er im fortgeschrittenen Alter gern, und tatsächlich war er damit ausgiebig beschäftigt, als Loch anfragte, zuletzt mit seinem neuen Duo mit dem jungen polnischen Geiger Mateusz Smoczyński und der Hommage an seinen langjährigen Weggefährten Ornette Coleman. Doch die Balladen-Idee wirkte nach und Kühn öffnete sich schließlich dem Thema. Dass er im Corona-Jahr mehr Zeit denn je in seinem Haus auf Ibiza verbrachte, seinem kreativen Rückzugsort, beflügelte die Sache noch: „Hier kann ich mit meinem wundervollen Flügel und meinem DAT-Recorder einfach eine Aufnahme machen, wenn ich will. Wenn das Gefühl kommt, nehme ich einfach auf“, erzählt Kühn.
Über einen Zeitraum von rund fünfzehn Monaten schickte er rund vierzig Einzelspuren an Siggi Loch. Sozusagen als Destillat ist nun „Touch the Light“ entstanden – ein Balladen-Album, alleine am Klavier. Wobei jedes einzelne der 13 Stücke für Kühn eine besondere Bedeutung hat: „A Remark You Made“ von Joe Zawinul etwa führt ihn zurück zu einem Wendepunkt seiner Karriere: Zawinul war Juror beim Gulda-Wettbewerb 1966 in Wien, bei dem dem damals 22-jährigen Kühn die Flucht aus der DDR gelang. Gato Barbieris Thema aus „Der Letzte Tango in Paris“ erinnert nicht nur daran, dass Barbieri 1972 Kühn für den Soundtrack engagierte, sondern es ist auch eine Melodie, die er später unzählige Male in seinem erfolgreichen Trio mit Daniel Humair und Jean-Francois Jenny-Clark spielen sollte. Und das Allegretto aus Beethovens 7. Sinfonie rückt nicht nur einen Komponisten in den Vordergrund, dessen Musik Kühn immer tief beeindruckt hat, sondern auch die Tatsache, dass seine optische Ähnlichkeit mit Beethoven dazu führte, dass ihm seine Mitmusiker den Spitznamen „Beethoven“ gaben.
Sein eigener Klassiker "Sintra" entstand während eines friedlichen Moments in einem Café im ehemaligen Heiligtum der portugiesischen Könige. Und der jüngst komponierte Titeltrack „Touch the Light“ fängt die Schönheit des Sonnenuntergangs über dem Meer ein, den Kühn oft, am Flügel sitzend, von seinem Musikzimmer aus betrachtet.
Wenn es denn noch eines Beweises bedurft hätte, wie monolithisch und unverwechselbar Joachim Kühn in der Jazzwelt dasteht, „Touch the Light“ liefert ihn. Ganz alleine am Flügel und mit einem auf den ersten Blick stark einschränkenden Thema breitet Kühn einen ganzen Klangkosmos aus. Vom der unbeschreiblichen Zartheit des Anschlags in Beethovens „Allegretto“, dem tröstenden, ruhigen Puls von Mal Waldrons „Warm Canto“, dem sanften Rubato-Fluss im Standard „Stardust“ oder dem zu Tränen rührenden Pathos in „Purple Rain“ von Prince, über die würdevolle Version von Bill Evans' „Peace Piece“ und die lässige Weite von Milton Nascimentos „Ponta de Areia“ (zugleich eine Hommage an die luftige, lyrische Saxofon-Stimme von Wayne Shorter), bis hin zum zur energischen Stakkato-Etüde gewandelten Rhythm & Blues-Klassikers „Fever“ und einer Lehrstunde in Freiheit und Improvisation mit „Sintra“.
So vielseitig und vielschichtig dies ist, so schlüssig und rund ist doch der Bogen, den „Touch the Light“ schlägt. Und so unverrückbar und unverkennbar nach Joachim Kühn klingt jede Note, nach seiner einzigartigen Stilistik und seiner alchemistischen Kunst, den Zuhörer in Atem zu halten. Den großen Freigeist, Improvisator und Harmonik-Revolutionär hat hier die schiere Lust an der Melodie gepackt, an Balladengefühlen. Und so gilt für das gesamte Album, was Kühn für das Titelstück sagt: „Hier steckt eine Menge Liebe drin. Und Freude.“
Joachim Kühn
Eindringlichkeit und WahrhaftigkeitRund um seinen 80.
Geburtstag am 15. März 2024 wandert Joachim Kühn über ein Hochplateau
seiner Piano-Kunst, schöpft aus der Fülle der Erfahrungen und
konzentriert sich ganz auf die Gegenwart, auf den Moment. Wie schon sein
ganzes Leben lang. Dennoch muss man zu diesem Anlass festhalten:
Wie kein anderer Jazzpianist aus Deutschland hat sich Joachim Kühn einen
Platz in der internationalen Spitze des Genres erspielt. Er kann auf
Jahrzehnte eines Schaffens zurückblicken, in denen er Jazzgeschichte
nicht nur miterlebt, sondern maßgeblich mitgestaltet und vorangetrieben
hat. Joachim Kühns Bedeutung unterstreicht auch das Bundesverdienstkreuz
Erster Klasse, welches ihm Bundespräsident Frank Walter Steinmeier am
12.4. verleiht.
Joachim Kühn und ACT-Gründer Siggi Loch teilen eine mehr als
50-jährige Verbindung, die mit der Veröffentlichung von „Springfever“
1972 auf Atlantic Records begann, sich seit 1992 auf ACT fortsetzt und
in der aktuellen Dekade unter Andreas Brandis eine fruchtbare
Fortführung findet. Kühns 19 Alben auf ACT zeigen einen Musiker von
beeindruckender Bandbreite. Diese reicht von der Jazzsymphonie
„Europeana“ über das Nordafrika und Europa vereinende Trio Kühn / Bekkas
/ López und das Joachim Kühn New Trio bis zum
generationenübergreifenden Duo mit Michael Wollny und mehreren
Soloaufnahmen.
In seinem Spiel verbindet Joachim Kühn ein unbändiges Streben
nach künstlerischer Freiheit mit einem untrüglichen Sinn für
musikalische Qualität und spielerische Leichtigkeit mit starken
Emotionen. Seine Konzerte und Aufnahmen gleichen Ereignissen,
entfalten sich in rauschhaften Improvisationen und finden wie von selbst
zu faszinierenden Verlaufsformen. Das trifft auf seine Soloauftritte
ebenso zu wie auf sein Spiel im New Trio mit dem Bassisten Chris
Jennings und dem Schlagzeuger Eric Schaefer wie auch auf das Duo mit dem
Jahrzehnte jüngeren Michael Wollny – dokumentiert auf zwei ACT Alben,
zuletzt auf „DUO“ Anfang 2024. Kühn und Wollny sind einander
wesensverwandt in der Tiefe des musikalischen Empfindens, in ihrer
überbordenden Phantasie, ihrer künstlerischen Kompromisslosigkeit und im
Streben nach dem Überschreiten musikalischer Grenzen. Kann man im Spiel
der beiden einen Nachhall der großen klassischen und romantischen
Klaviertradition hören, so offenbart Joachim Kühn im Trio wie stark er
die Essenzen des Jazz assimiliert hat und zugleich in eine eigene,
innovativ orientierte Klangsprache zu transformieren zu weiß.
Die Laufbahn von Joachim Kühn umspannt Zeiten, Länder, Kontinente
und lässt bei allen musikalischen Umbrüchen eine Konstante erkennen:
Das Streben nach Freiheit. Geboren 1944 in Leipzig, hat er sich seit
früherster Jugend an den Großen orientiert – an John Coltrane, an
Ornette Coleman, an Bach. Sein älterer Bruder, der Klarinettist Rolf
Kühn, wurde sein Vorbild und später sein musikalischer Partner. Mit
seinem frühen Idol Ornette Coleman verband ihn eine lange und intensive
Zusammenarbeit. Und die Verehrung für Johann Sebastian Bach wurde im
gemeinsamen Musizieren mit dem Leipziger Thomanerchor zu einer
klanggewaltigen Reminiszenz.
Joachim Kühns atemlose Karriere lässt sich kaum mehr im Zeitraffer erfassen: Free
Jazz im heißen Klima der sechziger Jahre in Paris, Fusion Music in
Kalifornien, moderner Jazz in New York, Solo, Duos, Trios, unzählige
Platten, schließlich die Entscheidung für Ibiza als Wohnsitz, von dem
aus die Wege den Pianisten in alle Welt führen. Für jemanden wie Joachim
Kühn, der zu einhundert Prozent in der Musik lebt, gibt es keinen
Stillstand. Sich weiterzuentwickeln ist für ihn eine innere Triebkraft,
obwohl er sich längst mit dem Erreichten glücklich und zufrieden geben
könnte. Er hat mit der Königsklasse des Jazz gespielt, mit Musikern wie
Ornette Coleman, Archie Shepp, Pharoah Sanders und Joe Henderson. Er hat
mit seinem Bruder Rolf und dem Coltrane-Bassisten Jimmy Garrison
"Impressions Of New York" aufgenommen. Sein Trio mit Daniel Humair und
Jean-François Jenny-Clark ist aus der europäischen Jazzgeschichte nicht
mehr wegzudenken. Und im Trio mit Majid Bekkas und Ramón López oder im
Duo mit Rabih Abou-Khalil gelang ihm die Öffnung des Jazz zu den
Kulturen der Welt.
Doch für diesen Pianisten hat die Suche kein Ende. Technisch
gibt es für ihn schon lange keine Grenzen mehr. Es geht ihm, sagt
Joachim Kühn, um die pure Musik. Mit der größten Eindringlichkeit und
Wahrhaftigkeit
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